Rezension

Langsame Erzählweise lässt Raum zum Nachdenken

Der Zopf - Laetitia Colombani

Der Zopf
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine rechtlose Inderin, eine italienische Firmenerbin, eine erfolgreiche kanadische Rechtsanwältin. Die Schicksale der drei sehr unterschiedlichen Frauen werden in diesem Roman miteinander verflochten.

Die drei Frauen werden als Archetypen dargestellt. Es geht der Autorin offenbar nicht wirklich darum, sie als einzelne Individuen greifbar zu machen, sondern zu zeigen, wie universell ihre Lebensgeschichten sind und eine tiefere Wirklichkeit hinter dem Einzelfall sichtbar zu machen. Insofern hat mich die leicht überzogene Charakterzeichnung nicht gestört. Man wird angeregt, darüber nachzudenken, wo im eigenen Leben Elemente der einen oder der anderen Frau auftreten.

Interessant ist, wie jede der drei Frauen auf ihre ganz eigene Art gefangen in ihren Lebensumständen ist. Alle drei erfahren einen Einschnitt in ihrem Leben und müssen für sich entscheiden, ob sie passiv bleiben oder kämpfen wollen und was kämpfen jeweils für sie bedeutet.

Obwohl ich die eigentliche Handlung letztlich nicht ganz überzeugend finde, mag ich das Buch dennoch, da es viele interessante Fragen aufwirft. Über das Frausein, über Werte im Leben, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit und ihre Grenzen, Globalisierung und ihre Folgen (positiv wie negativ), darüber, ob und wie es möglich ist, den vielen, oft widersprüchlichen Anforderungen im Leben gerecht zu werden und auch, inwiefern sich privilegiertere Frauen ihre Freiheiten auf Kosten der weniger privilegierten erkaufen. Diese Themen werden mich sicherlich noch länger beschäftigen.

Ich denke allerdings, das Buch wäre erheblich besser gewesen wenn es deutlich gestrafft/gekürzt worden wäre. Der Schreibstil ist leider ziemlich langatmig, weil doch einiges zu ausführlich ausformuliert wird. Zu viele Informationen werden wiederholt, zu viele Formulierungen sind redundant. Die Autorin könnte da ruhig auf ihr Erzähltalent und die Intelligenz der Lesenden vertrauen, dass man es auch schon beim ersten Mal verstanden hat.

Trotz der genannten Schwächen habe ich das Buch gerne gelesen und kann es weiterempfehlen.