Rezension

Langsamer, aber eindringlicher Auftakt

Zum Sterben schön - Wayne Simmons

Zum Sterben schön
von Wayne Simmons

Bewertet mit 4.5 Sternen

In Belfast bricht das absolute Chaos aus, als die Menschen, mit Ausnahme weniger Überlebender, plötzlich tot zusammenbrechen. 
Der Verkehr kommt zum Erliegen, Flugzeuge stürzen ab und insgesamt tobt in der Stadt ein apokalyptisches Durcheinander. Während sich überall die Leichen stapeln, rotten sich vereinzelte Überlebende zu kleinen Gruppen zusammen, die sich gemeinsam eine neue Art der Normalität schaffen. 
Während nur die männlichen Leichen verwesen, scheinen die toten Frauen aus unerklärlichen Gründen immer schöner zu werden.
Im Bemühen, gemeinsam zu überleben und herauszufinden, was der Grund für das plötzliche Massensterben ist, durchleben die einzelnen Gruppen verschiedene Entwicklungsstadien, in denen sie unter anderem auch mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen haben.

In den vergangenen Monaten habe ich persönlich für mich die Erfahrung gemacht, dass gerade die Kleinverlage besonders viel Sorgfalt und Herzblut in ihre Verlagsarbeit stecken. Da wird gelesen, ausgesiebt und mit viel Empathie für die Leser nur das veröffentlicht, was ihnen möglicherweise gefallen könnte. Das gibt mir als Leser immer wieder auf’s Neue das Gefühl, nur das Allerbeste zu lesen, das der Buchmarkt zu bieten hat.
“Zum Sterben schön” ist ein solches Buch.

Wer bereits “Grippe” von Wayne Simmons kennt, wird auch in diesem Roman die Ruhe wiedererkennen, mit der Simmons an seine Werke heran geht. Auch “Zum Sterben schön” ist,  genau wie “Grippe”, nur der erste Teil des Gesamtwerkes. Ich finde es wichtig, das zu wissen, denn wie in vielen Horrorschmökern auf dem Markt, verpulvert der Autor nicht gleich die gesamte Energie auf den Anfang.
Simmons lässt sich Zeit und legt somit den Großteil der Aufmerksamkeit zunächst auf die Charaktere, deren kleine, schmutzige Geheimnisse sich nach und nach offenbaren. Wie wichtig diese “Kellerleichen” sind, erfährt der Leser erst im letzten Drittel der Story. Es bis dort zu schaffen, erfordert ein wenig Geduld und vor allen Dingen ein Faible für Tiefe und Intensität.

Das ist jetzt die Stelle, an der sich die Leser in zwei Lager spalten werden. Während die Actionfans wahrscheinlich inzwischen ungeduldig mit den Fingern trommeln, ist der Stimmungsfan schon lange in einer anderen, faszinierenden Welt unterwegs.
Da mir beide Arten des Spannungsaufbaus zusagen, hatte ich absolut kein Problem damit, mich von diesem Roman einfangen zu lassen. Ohne zu übertreiben, kann ich sogar behaupten, dass “Zum Sterben schön” eines der emotionalsten und herzzerreißendsten Bücher war, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Simmons hat seine Charaktere die komplette Bandbreite der Katastrophe auf unvergleichliche Weise durchleben lassen, so dass mich die Wucht des Verlustes mitunter trocken schlucken ließ. 
Und jetzt kommt wieder der Punkt, an dem ich darauf hinweise, dass es sich hier erst um den ersten Teil des Gesamtwerkes handelt. 
Die gewünschte Action kommt nämlich noch. Einen deftigen Vorgeschmack auf den zweiten Teil bekommt der Leser im letzten Drittel der Story. Dort erfährt man, mit welcher Art Zombies man es zu tun hat. Und ich kann zumindest so viel sagen: Solche Untoten hatten wir bisher ganz sicher noch nicht. So viel ist sicher. 
Simmons holt zu einem alles zerschmetternden Halbfinale aus, das sich gewaschen hat. Eben noch mit einer Träne im Knopfloch, findet der Leser sich plötzlich knieftief in Blut und Fleischfetzen wieder. 
Wer jetzt noch nicht an dem Punkt ist, nach Teil 2 zu lechzen, sollte evtl. auf Heimatromane umsteigen, denn hier steppt jetzt ganz gepflegt der Bär.

Letzten Endes hatte die Story etwas von einem Reinigungsprozess der Menschheit. Warum ich das so sehe, sollte jeder für sich selber erkunden. Es lohnt sich wirklich.

Ein kleiner Fehler hat sich leider in den Druck eingeschlichen, der dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch bereitet. Das Kapitel 4 wiederholt sich am Ende von Kapitel 5 noch einmal. So gibt es leider ein paar doppelte Seiten. Das Sammlerherz freut sich allerdings darüber, denn bei einem Nachdruck (wovon ich ausgehe) ist man stolzer Besitzer eines eher seltenen Fehldrucks. 

Fazit:

“Zum Sterben schön” ist ein hoch emotionales Werk, das den Hammer nur ganz langsam hebt, um dann mit zerstörerischer Gewalt zuzuschlagen. Ich kann gar nicht anders, als ungeduldig auf den zweiten Teil zu warten, der bereits in Vorbereitung ist.