Rezension

Langwieriger Einstieg, starker Mittelteile, Ende zu lang

Saeculum - Ursula Poznanski

Saeculum
von Ursula Poznanski

Fünf Tage im tiefsten Wald, die nächste Ortschaft kilometerweit entfernt, leben wie im Mittelalter ohne Strom, ohne Handy – normalerweise wäre das nichts für Medizinstudent Bastian. Dass er dennoch mitmacht bei dieser Reise in die Vergangenheit, liegt einzig und allein an Sandra.

Als kurz vor der Abfahrt das Geheimnis um den Spielort gelüftet wird, fällt ein erster Schatten auf das Unternehmen: Das abgelegene Waldstück, in dem das Abenteuer stattfindet, soll verflucht sein. Was zunächst niemand ernst nimmt, scheint sich jedoch zu bewahrheiten, denn aus dem harmlosen Live-Rollenspiel wird plötzlich ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit. Liegt tatsächlich ein Fluch auf dem Wald?

Vor dem Lesen war ich sehr skeptisch, was Mittelalter-Rollenspiele betrifft, denn das ist überhaupt nicht mein Ding – und da ging es mir genauso, wie Bastian, der tatsächlich viel lieber für sein Medizin-Studium büffeln würde, als fünf Tage und Nächte in einem Wald zu verbringen. So hatte ich gleich Zugang zum Protagonisten und auch das Thema Mittelalterwar schneller wieder vom Tisch, als ich angenommen hatte. Eine große Rolle spielt es nicht.

Schon kurz nachdem die Rollenspieler den Wald betreten und anschließend besiedelt haben, hat mich ein mulmiges Gefühl beschlichen. Das Gefühl, das etwas nicht stimmt. Wie bereits in »Erebos« zieht die Autorin geschickt zur richtigen Zeit an den richtigen Fäden und weiß, den Leser in Schach zu halten. Immer wieder stellt sie die Leserschaft vor neue Rätsel: Warum verhält sich Sandra plötzlich so abweisend? Wer schreibt die mysteriösen Nachrichten? Ist das alles nur ein inszeniertes Spiel oder ist ihnen vielleicht doch jemand gefolgt? Und wenn ja, was könnte diese Person von ihnen wollen? Wer steckt hinter all dem?

Schnell ist klar, dass man niemanden vertrauen kann. Die Situation spitzt sich immer weiter zu, Mitspieler verschwinden, das Misstrauen wächst immer schneller, jeder verdächtigt jeden, die Gruppe erleidet Todesangst. Und schon bald keimt eine Frage auf: Wie weit würdest du gehen, um zu überleben?

Nachdem man den etwas langwierigen Einstieg überstanden hat, wird man mit einer verdammt spannenden Story belohnt. Die Seiten flogen nur so an mir vorüber, teilweise bin ich über die Worte gestolpert, weil ich gar nicht so schnell weiterlesen konnte, wie ich es mir gewünscht hätte. Leider geriet die Geschichte immer wieder kurz ins Stocken und störte damit meinen Lesefluss. Dennoch lohnt es sich, am Ball zu bleiben.

Auch die Figuren waren etwas ganz Besonderes, jede einzelne hat eine unverkennbare Persönlichkeit und eine Vergangenheit. Jeder birgt so seine Geheimnisse. Ursula Poznanskihat eine ziemlich bunte Gruppe zusammen gewürfelt. Besonders auffällig ist natürlich Doro, die an den Fluch um den Wald glaubt, sich selbst für eine Hexe hält und damit von Anfang für Ärger sorgt. Iris verhält sich ebenfalls sehr merkwürdig, indem sie nie über sich selbst spricht. Auch die schöne Lisbeth und ihr Freund Georg, der sie immer von allem fernhalten möchte und sie kontrolliert, scheinen ein Geheimnis zu haben. Aber auch Carina, Warze, Steinchen, Alma und selbst Paul, der Spielleiter, wirken auf den Leser verdächtig.

Wie bereits erwähnt, hat die Autorin eine äußerst interessante Konstellation gewählt, bei der das Verhalten der einzelnen Person sehr leicht dazu führen kann, sich in etwas hineinzusteigern und sich gegenseitig immer weiter anzustacheln, verrückt zu machen. Man weiß nie, woran man ist und genau das macht die Bücher von Ursula Poznanski so fesselnd und nervenaufreibend.

Letztendlich hat mir »Saeculum« zwar sehr gut gefallen, aber es war mir einfach etwas zu lang. Für mich hat die Geschichte mit dem Verlassen des Waldes an Fahrt verloren und hätte gerne 100 Seiten kürzer sein können. Das Ende war nicht nur ermüdend und langweilig, sondern meiner Meinung nach auch völlig unnötig in die Länge gezogen. Dennoch ist »Saeculum« ein atemberaubendes Buch und wer Filme wie »The Blair Witch Project« mag, sollte unbedingt auch zum zweiten Jugendbuch von Ursula Pozanski greifen