Rezension

Larsson sticht heraus

Verblendung
von Stieg Larsson

Angesehene Geschäftsmänner und Industriegrößen wegen krimineller Machenschaften öffentlich vorzuführen, das ist wohl der Traum eines jeden Wirtschaftsjournalisten.  Wegen schlechter Recherche und anschließender Verleumdung ins Gefängnis zu wandern, steht bei den Meisten aber nicht auf der To-Do-Liste. Mikael Blomkvist hat sich geradezu amateurhaft ins Aus manövriert. Der sonst so gutmütige, sympathische Redakteur mit einem Talent für gute Recherche, gerät zusehends unter medialen Beschuss, bis ausgerechnet das Oberhaupt eines Riesenkonzerns ihm einen ungeheuren Job, weit weg von der hagelnden Kritik, anbietet: die Identität des Mörders, seiner vor siebenunddreißig Jahren verschwundenen Enkelin, aufzudecken.

Der vor zwölf Jahren verstorbene Stieg Larsson hat die Welt der Literaturkritiker gespalten. Die Einen vergöttern ihn für seinen schnörkellosen, beinahe journalistisch-trockenen Schreibstil, die Anderen kritisieren ihn genau deswegen. Die Hauptprotagonisten Blomkvist und Salander (eine Hackerin, die dem Journalisten bei der Recherche zur Aufdeckung des Harriet Vanger Rätsels zur Seite steht) wirken real, unperfekte Menschen mit unperfekten Lebensstilen. Die Identifikation mit den Charakteren fällt nicht schwer. Ebenso löst das Rätsel um das Verschwinden eines Mädchens, einen unglaublichen Sog auf den Leser aus. Dem Journalist bei der Recherche zuzuschauen, ihn in der Vergangenheit eines riesigen Konzerns wühlen zu sehen, macht richtig Spaß. Die bedrohliche Atmosphäre, die Larsson nach und nach aufbaut, gibt der Story den letzten Schliff.

Fakt ist, dass die Millenium-Trilogie nicht nur bei den schwedischen Lesern eine große Begeisterung ausgelöst hat. „Verblendung“ wurde sowohl von den Schweden als auch von Hollywood verfilmt. Vielleicht ist der Erfolg dem frühen Tod des Schriftstellers geschuldet, vielleicht aber machen sein Ideenreichtum und der Schreibstil eines Berichterstatters den entscheidenden Unterschied.