Rezension

Lasst euch mitnehmen auf eine einzigartige Reise…

Zugvögel - Charlotte McConaghy

Zugvögel
von Charlotte McConaghy

Bewertet mit 5 Sternen

Jetzt sitze ich hier, es ist Sonntagnacht, ich habe gerade „Zugvögel“ beendet und versuche meine Meinung aufzuschreiben. Ich versuche. Denn es ist gar nicht einfach, eine klare Stimme für ein Buch zu haben, das mir derart aus der Seele spricht wie dieser Roman. Ich hätte ihn locker innerhalb einiger Stunden suchtartig beinahe einatmen können, aber habe mich gezügelt, um den Lesespaß auf so viele Tage wie möglich zu strapazieren – es sind leider nur fünf geworden.

 

Und in diesen fünf Tagen hatte ich Spaß mit Franny, die zum Glück eine Crew findet, die Platz auf ihrem Fischerboot hat, damit Franny es soweit wie möglich in die Antarktis schafft, um die Migration der letzten Küstenseeschwalben zu verfolgen. Eine gemischte Truppe aus sieben Personen, die man selten antrifft, mit einem zynischen Kapitän, der das Sagen hat. Dadurch wird „Zugvögel“ zu einem Abenteuer, einem Gefühlserlebnis und einer geographischen Reise. Ja, man ist sogar selbst Teil des Teams, ob an der Seite von Franny oder davon losgelöst kann selbst entschieden werden.

 

Ich war gerne bei Franny – durch die Erzählung der Ich-Perspektive sogar in Franny. Diese Frau kann man am besten durch eine lange Aufzählung von Adjektiven beschreiben: Engstirnig, eigenwillig, egoistisch, tough, mutig, mitfühlend, liebend, selbstzerstörerisch, impulsiv, aufopfernd. Durchaus sind darin Gegensätze enthalten, die machen einen Menschen nun mal aus. Und selbst der Roman spielt deutlich mit Gegensätzen. Ich war hingerissen zwischen der realistischen Hoffnung, dass Franny das Artensterben der Zugvögel bremsen oder verlangsamen könnte und einem Nihilismus, sogar Pessimismus (Das hat doch alles keinen Sinn!), den ich ansonsten selten gefühlt habe. Was haben mir Passagen innerhalb dieser 400 Seiten das Herz gebrochen, erwärmt, zerrissen und zusammengeflickt. Wie in aller Welt kann man als Autorin einen perfekten Roman schreiben? Großartige Recherche, hochaktuelles Thema und ein Schreibstil zum Niederknien. Selbst der Spannungsbogen und die nichtlineare Erzählweise sind ungewöhnlich spannend für einen Roman, der äußerlich leider sehr unscheinbar anmutet.

 

Das sind meine Worte zu „Zugvögel“, kurz nach Beenden des Buches. In den nächsten Tagen bleiben mir möglicherweise die Worte weg oder aber mein Kopf sortiert alles und ich kann es klarer artikulieren. Aber nie wieder wird die Erfahrung so frisch, impulsiv und wahr sein wie jetzt gerade.