Rezension

Lebe dein Leben! Ein humorvolles Mutmacher-Buch

Die Leben danach - Thomas Pierce

Die Leben danach
von Thomas Pierce

Bewertet mit 3.5 Sternen

REZENSION – Wer beim Titel „Die Leben danach“ eine theologisch-philosophische Antwort auf die Frage erwartet, was uns nach dem Tod wohl erwarten mag, liegt bei dem Roman des amerikanischen Schriftstellers Thomas Pierce (36) zwar nicht völlig daneben, doch braucht man schon eine gehörige Portion Humor. Sein Roman ist eher ein liebevolles „Mutmacher-Buch“. Pierce spielt mit verschiedenen Theorien, die ihn und seinen Protagonisten schließlich zur Einsicht bringen, lieber das jetzige Leben bewusst zu leben als erfolglos „die Leben danach“ erforschen zu wollen. Denn schneller als erwartet, könnten das Leben vorbei und dessen schöne Momente verpasst sein.

Dies muss auch der 33-jährige Kreditberater Jim Byrd erfahren, der – in sehr naher Zukunft – in einer Kleinstadt inmitten einer allgegenwärtigen Übermacht lebensfroher Aktiv-Senioren lebt. Byrd war nach einem Herzaussetzer für wenige Minuten klinisch tot. Nach seiner Wiederbelebung vermisste er die oft beschriebene Nahtod-Erfahrung grellweißen Lichts. Byrd hatte stattdessen in tiefstes Schwarz, ins Nichts gesehen. Dieser ihm fehlenden Antwort, was denn nun wirklich nach dem Tod folgt, geht Byrd nun konsequent nach, kaum dass ihm ein lebensrettendes HeartNet, ein computergesteuerter Defibrilator, implatiert wurde.

Jim Byrd, „ein vom Tod besessener Depp mit einem Hang zu Verschwörungstheorien, der bereit war, an so ziemlich alles zu glauben“, verfolgt unterschiedlichste Theorien, vertraut scheinbar medial befähigten Zeitgenossen und lässt sich sogar als Testperson auf ein Experiment mit der von der Physikerin Sally Zinker entwickelten „Wiedervereinigungsmaschine“ ein – alles nur, um seinen verstorbenen Vater wiederzutreffen. Byrds Forscherdrang wird durch eine Spukgeschichte angeregt: In einem alten Haus, für dessen Renovierung er um einen Bankkredit gebeten wurde, geistern anscheinend noch die früheren Eigentümer und ein „brennender Hund“.

Werden wir nach unserem Tod also zu ruhelosen Geistern? Oder leben wir als Hologramme weiter, wie der an einer Straßenecke singende Bob Dylan? Byrd ist von seiner Suche nach Antworten so eingenommen, dass er die ihn umgebende Wirklichkeit oft in Zweifel zieht und hinterfragt. Auch seine frühere Highschool-Liebe Annie, jetzt verwitwet und Mutter einer 12-jährigen Tochter, in die er sich erneut verliebt und mit ihr zusammenzieht, muss zeitweilig zurückstecken. Schließlich gelingt Byrd mittels der „Wiedervereinigungsmaschine“ nicht nur ein Blick in seine Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft. Aber wollen wir wirklich unsere Zukunft wissen, die uns nur vom jetzigen Leben ablenkt?

Auch Autor Thomas Pierce weiß natürlich nicht, was uns nach dem Tod erwarten wird. Aber er zeigt uns in seiner 400 Seiten starken Liebesgeschichte, dass es ziemlich sinnlos ist, wertvolle Lebenszeit zu vergeuden, um über den Tod nachzudenken. Stattdessen sollten wir uns unseres Lebens erfreuen und den alltäglichen Herausforderungen stellen.

„Die Leben danach“ ist ein liebevoller, allerdings auch märchenhafter Roman. Der eine oder andere Textabschnitt mag etwas zu langatmig sein. Dennoch: Der Roman ist trotz des eigentlich ernsten Themas durchweg unterhaltsam, stellenweise auch ironisch, vielleicht sogar sarkastisch geschrieben. Allerdings muss man sich auch auf den Spaß einlassen können. Das Buch ist gewiss keine Lektüre für ernsthafte Gemüter.