Rezension

Leben im Bookshop

Tagebuch eines Buchhändlers - Shaun Bythell

Tagebuch eines Buchhändlers
von Shaun Bythell

Bewertet mit 3 Sternen

Ich war „so naiv zu glauben, dass man im Universum der gebrauchten Bücher als Antiquar idyllisch in einem Sessel vor einem prasselnden Feuer sitzt, die Füße in Hausschuhen bequem hochgelegt, dabei eine Pfeife pafft und in Gibbons Verfall und Untergang liest, während man von einem Strom charmanter Kunden in anregende Gespräche verwickelt wird, ehe diese sich bereitwillig von Koffern voller Geld trennen“ (Seite 6)

Natürlich verlief Shaun Bythells Leben als Buchhändler völlig anders, wie sein akribisch über ein Jahr geführtes Tagebuch beweist. In den 15 Jahren, in denen er seinen Laden betreibt, besuchte er, statt gemütlich zu lesen, Leute, die ihre Bibliotheken auflösten und nahm kaum das Geld ein, das seine in dieser Zeit nötigen Aushilfen verdienten. Er fasste seinen Frust auf Amazon und Co in Worte und verdeutlichte, wie das Internet den Offline-Verkauf beeinträchtigt. Auch Kindles liebt er nicht, weshalb er in seinem Laden ein erschossenes Gerät an die Wand heftete.

Als Leser kann man hinter die Kulissen von zwei Lese-Festivals schauen und erfährt einiges darüber, woran man einzelne Verlage erkennt und welche Art von Büchern von dort angeboten werden. Schade, dass es sich dabei um englische Verlage handelt, die mir nicht geläufig sind. Auch viele der genannten Titel haben mir nichts gesagt, wodurch mein Lesegenuss gelitten hat. Die vielen erwähnten Alltäglichkeiten interessierten mich nicht besonders – auch wenn sie durch einige humorvolle Begebenheiten untermalt wurden: „Ich habe Bücher schon immer geliebt und werde das auch immer tun. Wäre es gesetzlich möglich, so hätte ich ein Buch geheiratet“, schrieb beispielsweise eine erfolglose Autorin, die im Bookshop arbeiten wollte.

Literarisch ist das Buch nur Mittelmaß, doch die Hintergrundinformationen, Georges Orwells Erfahrungen (aus Erinnerungen an eine Buchhandlung), die jeden Monatsbeginn eingeflochten sind, sowie die Fotos aus dem Laden hielten mich bis zur letzten Seite am Buch fest.

Fazit: Wer das Buch gelesen hat, weiß, wie schwer es Buchhändler und Antiquare im Zeitalter des Internets haben.