Rezension

Lebensbild einer klugen Frau

Preußens erste Königin - Margarete Drachenberg

Preußens erste Königin
von Margarete Drachenberg

„Die Prinzessin von Hannover ist eine sehr liebenswürdige Person. Ihre Taille ist mäßig. Sie hat den schönsten Hals und die schönste Haut, die man sich denken kann, große, sanfte, blaue Augen, eine wunderbare Menge schwarzer Haare, Augenbrauen, als wären sie mit dem Zirkel gezogen, eine gut proportionierte Nase, einen rosigen Mund, sehr schöne Zähne und einen lebendigen Teint. Ihr Gesicht ist weder oval noch rund, sondern hält sich dazwischen. Was den Geist angeht, ist sie sehr begabt und von sehr teilnehmender Einfühlsamkeit. Sie singt gut, spielt Cembalo, tanzt mit viel Würde und weiß, was sehr wenige Menschen auch in fortgeschrittenerem Alter als ihrem wissen.“

So beschreibt die Pariser Zeitschrift „Mercure galant“ Sophie Charlotte, die einzige Tochter von Ernst August, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, und Sophie von der Pfalz. Ein schmeichelhaftes Urteil der Zeitgenossen! Entspricht diese Schilderung der Wahrheit? In der kurzweiligen Anekdoten-Sammlung, die Margarete Drachenberg zusammengestellt hat, kann sich der Leser selbst einen Überblick verschaffen. Wie in einer Biografie fügt die Autorin kurze Episoden, Zitate und Briefauszüge zu einem eindrucksvollen Bild der jungen Kurfürstin und späteren ersten preussischen Königin zusammen.

Auf anregende, amüsante Art entwirft sie das Lebensbild einer jungen Frau, die den Spagat zwischen Pflicht und Neigung schafft: Neben ihren Aufgaben als Landesmutter und dem steifen höfischen Zeremoniell in Berlin gelingt es Sophie Charlotte, sich ihren privaten Freiraum zu erhalten und einen Großteil ihrer Zeit ihren intellektuellen und musischen Interessen zu widmen. Zum Ärger ihrer Mutter zieht sie sich nach anfänglichen Versuchen, sich in die Hofpolitik einzumischen, ganz aus dem politischen Geschehen zurück. Im Alter von nur 36 Jahren stirbt sie an einer Lungenentzündung.

Geschickt zusammengestellt und sachlich formuliert, geben die Anekdoten ein umfassendes Lebensbild der Königin wieder. Eine Zeittafel und ein Literaturverzeichnis vervollständigen die Lektüre. Was das Büchlein für mich perfekt gemacht hätte, wäre eine Ahnentafel gewesen, anhand der sich der Leser die Namen der Fürsten und Regenten, die in den Erzählungen vorkommen, vor Augen führen kann. Dennoch: ein lesenswertes, unterhaltsames Buch!