Rezension

Leere im Ruhestand

Herr Kato spielt Familie
von Milena Michiko Flasar

Bewertet mit 4 Sternen

Auf jeden Fall sollte man wissen, dass die Autorin japanische Wurzeln hat und die Geschichte in einer Tokioter Vorstadt angesiedelt ist. Japanische Bücher trafen bisher nur selten meinen Lesegeschmack. Vorliegendes Buch ist da aber eine Ausnahme.

Der Protagonist Herr Kato weiß mit seinem neuen Lebensabschnitt als Ruheständler nichts anzufangen. Seine Frau und er leben nebeneinander her, einstige Träume und Wünsche hat er aufgegeben. Auf einem Spaziergang begegnet er der jungen Mie, die die Agentur „Happy Family“ betreibt und deren Mitarbeiter als sog. Stand-ins bzw. Einspringer Menschen spielen, die es so nicht gibt. Herr Kato lässt sich zur Mitarbeit überreden und übernimmt etwa die Rolle eines Großvaters, der von seinem Enkel nichts wissen will, oder des Ehemannes, der endlich einmal seiner Frau zuhört. Es bleibt nur bei wenigen Einsätzen, aber seine Tätigkeit verändert ihn dann auch zum Positiven in seinem eigenen Ehetrott. Gerade diese allmähliche Wandlung zu lesen, fand ich faszinierend. Allerdings hätte ich mir etwas mehr Länge gewünscht. Der poetische, melancholisch anmutende Schreibstil gefällt mir gut.