Rezension

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit - Maggie Shipstead

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit
von Maggie Shipstead

Bewertet mit 3 Sternen

Eigentlich sind Bücher, die eher nur sehr wenig Handlung haben nicht wirklich etwas für mich, da ich doch schon sehr viel Wert auf eine gute Handlung lege und doch muss ich zugeben, dass ich diesen Roman, der sich eigentlich nur über einen Zeitraum von eigentlich zwei Tagen und einem kleinen Stück des dritten Tages erstreckt, irgendwie interessant fand.

Es ist nicht mal so, dass in diesem Zeitraum wenig passiert, sondern ehr doch recht viel, wenn auch eher fast schon alltägliches und das trotzdem auf über 400 Seiten, was für manchen sicher langweilig klingen mag. Jedoch punktet das Buch vor allen Dingen dadurch, dass man die Charaktere in ihren Persönlichkeiten sehr gut kennenlernt. Winn der sehr pedantisch, ruhig und auf seine Außenwirkung bedacht wirkt, der jedoch seine Jugend durchaus sehr ausgenutzt hat und gegen seine jetzige Art extrem wild war und scheinbar deutlich mehr Frauen hatte, als man an seinen Händen abzählen kann. Dann seine Frau Biddy, die ich so weit sehr interessant finde, da sie von vorn herein davon ausging, als sie heiratete, dass kein Mann treu sein kann, aber man solange es nicht nach außen dringt, auch einfach darüber hinweg sehen könne. Ihre beiden Töchter Livia und Daphne, die vollkommen unterschiedlich sind, wobei trotzdem es alles um Daphnes Hochzeit geht, diese scheinbar eine der unwichtigeren Nebenrollen zugewiesen bekommt und Livia viel stärker im Mittelpunkt der Erzählung steht. Dazu noch die ganzen Bekannten und Verwandten, die zur Hochzeit kommen, bei denen vor allen Dingen die Brüder des Bräutigams herausstechen, wie auch Agatha und Dominique, zwei Freundinnen der Braut.

Vor allen die greifbare, aber doch eher unterschwellige sexuelle Spannung, die sich zwischen den unterschiedlichsten Charakteren aufbaut, deren teilweise sehr seltsames Verhalten, was aber im Zusammenspielt mit der gezeichneten Persönlichkeit, die immer wieder durch kleinere Erinnerungssequenzen an ihre Vergangenheit untermauert wird, einfach sehr stimmig wirkt, machen das Buch alles andere als langweilig und das, obwohl nichts wirklich großartig besonderes passiert, weil man sich schon durchaus vorstellen kann, dass auch in der Realität manche Menschen ein solches Verhalten aufweisen.

Besonders gut dabei dargestellt, fand ich, diesen leichten versnobten Aspekt an den Familien, der in so vielen Kleinigkeiten immer wieder sehr zu Tage tritt, so dass man ihn einfach spürt und merkt, wie sehr er auch den Charakter der einzelnen Personen bestimmt und vor allen Dingen an Winn und seiner starken liebe für irgendwelche Clubs, ist dieser Aspekt einfach so stark spürbar. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich diese Clubstrukturen, die ja eher ein sehr englisches Phänomen sind, dass wohl auch mit in die USA geschwappt ist, mir durchaus weiterhin rätselhaft blieb.

Nur den Titel, den verstehe ich bis jetzt nicht und ich frage mich mal wieder ehrlich, warum man nicht den englischen direkt übersetzt hat, denn auch, wenn er vielleicht weniger plakativ geklungen hätte, passt »Seating Arrangements« einfach zu gut zu diesem Roman, da sie subtil einfach auf die zwischenmenschlichen Beziehungen anspielt, die in diesem Roman so wichtig sind, denn ohne diese, wäre die Geschichte einfach stinklangweilig.

Ein mal ganz anders Buch, das überraschend gut war, da ich ehrlich eher mit sehr dröger Unterhaltung gerechnet habe, aber irgendwie brachte es mich dazu immer weiter zu lesen, auch wenn ich am Anfang ehrlich gedacht habe: »Das ist sehr seltsam, aber irgendwie muss ich trotzdem immer weiter lesen, weil es irgendwie interessant ist...«.