Rezension

Leider deutlich schlechter als der Auftakt

Wiedersehen im Flanagans -

Wiedersehen im Flanagans
von Åsa Hellberg

Bewertet mit 3 Sternen

Handlung

London, Silvester 1982

Es ist Ende Dezember und der Jahreswechsel steht kurz bevor. Und wo feiert man diesen besser als im berühmten, exquisiten und glamourösen Flanagans? Allerhand illustre Gäste wollen sich die Feier nicht entgehen lassen und beehren die Gastgeberinnen und Besitzerinnen des Hotels, Elinor und Emma, mit ihrer Anwesenheit. Der Schein nach außen wirkt makellos, doch wenn man hinter die Fassade schaut, sieht man genau, wie es brodelt. Die Ehen der beiden Damen sind nahe am Scheitern, Emmas Tochter verringert den Kontakt zu ihrer Mutter immer mehr, Elinors Tochter währenddessen möchte in Schweden studieren. Zudem lauert unter der Oberfläche ein großes Geheimnis, welches nicht nur die Freundschaft der zwei Frauen auf die Probe stellen würde...

Meinung

Das Cover ist farbenfroh und verströmt gute Laune und positive Energie. Es hat einen ähnlichen Aufbau wie das des ersten Bandes, wieder sieht man im unteren Abschnitt ein Gebäude, welches ich mit dem titelgebenden Flanagans-Hotel in Verbindung bringe. Zudem ist ein goldenes Plättchen zu sehen, welches mich an die Zimmernummernschilder in Hotels erinnern. Darauf abgedruckt ist der Titel, was meiner Ansicht nach sehr schick und passend erscheint, immerhin ist das Flanagans ein pracht- und stilvolles Hotel. Auch die Blumen an den Rändern empfinde ich als gelungen und sie sind interessante und frühliche Farbtupfer. Lediglich die Dame mit ihrem grünen Kleid und ihrer ganzen Pose finde ich nicht passend. Sie ist mir zu auffällig, ich finde es schade, dass man so viel von ihrem Gesicht sieht und sie bringt meiner Meinung nach Unruhe in das Bild.

 

Letztes Jahr hatte ich den ersten Band der Reihe gelesen, welcher ein großes Highlight für mich war. Ich habe die Geschichte sehr gemocht, habe mich unglaublich gut auf das Buch einlassen können und ich bin der Story mit großem Interesse gefolgt. Und weil ich so begeistert war, habe ich mich natürlich sehr auf die Fortsetzung und ein Wiedersehen mit den Protagonisten gefreut. Ich habe voller Vorfreude auf den Erscheinungstermin des zweiten Teils gewartet und bin sehr dankbar, diesen als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten zu haben. Daher auch an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön!

Frohen Mutes und mit viel Enthusiasmus bin ich also in die Geschichte gestartet und habe auf den ersten Seiten bereits eine kleine Ernüchterung erlebt. Eigentlich hatte ich nämlich gedacht, dass ich einen angenehmen und leichten Start in die Handlung haben werde, mir direkt wieder allerhand Details einfallen und ich mich somit wieder problemlos auf die kommenden Ereignisse einlassen kann. Tatsächlich war ich anfangs allerdings ein wenig verwirrt und habe zum besseren Verständnis nochmals Band eins in die Hand genommen und die letzten Seiten gelesen. Dadurch stand mir zwar wieder diese Geschichte vor Augen, allerdings hat es nur wenig dazu beigetragen, um mich auf die Fortsetzung einzulassen zu können. Dieser leicht verwirrte Zustand hat über gut 50 Seien angehalten, ich habe Linda Lansing lange Zeit vermisst und musste mich erst einmal damit anfreunden, dass nun zwei andere, bereits bekannte Damen als Hauptprotagonisten fungieren. Als ich diesen Punkt erreicht habe, bin ich besser mit dem Lesen vorangekommen und konnte mich auch ein Mü besser auf die Ereignisse einlassen.

 

Obwohl ich anfangs nicht ganz so flüssig mit dem Lesen vorangekommen bin, hatte ich das gesamte Buch doch sehr fix ausgelesen gehabt. Innerhalb von zwei Tagen waren die 448 Seiten fertig gelesen. Man kann also sagen, dass das Buch eine leichte und solide Lektüre bildet, die man super nebenbei lesen kann und bei der man auch ein wenig die Gedanken schweifen lassen kann. Man muss nicht mit größter Sorgfalt lesen und kann sich daher gut während der Lektüre entspannen und vom Alltag ablenken.

Die Sprache war im Grunde so, wie ich sie schon vom ersten Band her kannte. Einfach und flüssig lesbar, mit guten Umschreibungen der Szenen, von Personen und Handlungsorten. Sie gibt Einblicke in verschiedene Lebensweisen und Gedanken, man kann die Gefühle der Protagonisten gut nachvollziehen und sie ist nie zu oberflächlich. Im Gegenteil, an manchen Stellen im Roman ist die Sprache überraschend tiefgreifend und hat einen sehr angenehmen Ernst. Die Sprache war ein großer Punkt, weshalb ich das Buch so fix ausgelesen hatte. Sie war wirklich gut und führt den Leser angenehm durch die Geschichte.

 

Ich habe das Gefühl, dass im ersten Band der Flanagans-Reihe das Hotel mit seinen Abläufen, aber auch den Mitarbeitern deutlich stärker im Mittelpunkt steht. Diesmal sind die privaten Ereignisse in den Leben von Elinor und Emma mehr im Fokus, was an sich gar nicht so uninteressant war. Ihre Ehen laufen nicht ganz rund, sie haben Geheimnisse und müssen schauen, dass sie ihre Arbeit und ihr Privatleben unter einen Hut bekommen.

Allerdings hat es mich unglaublich gestört, dass häufig die Rede davon war, welche der beiden Damen gern mit welchem Herrn ins Bett hüpfen würde und zu wem sie sich sexuell hingezogen fühlt. Das war mir zu viel, die Anziehung unter den Damen und Herren war für mich das eigentliche Hauptthema des Buches und ich konnte mich damit nicht anfreunden. Schließlich hatte ich durch den ersten Band, aber auch anhand des Klappentextes einen anderen Eindruck und hatte mir eine Geschichte gewünscht und vorgestellt, die sich komplett um das Flanagans mit seinen alltäglichen Arbeitsabläufen, sowie ein angenehmes Maß an Informationen über das Privatleben der Protagonisten dreht. So war es leider nicht und dieser gerade angesprochene Punkt ist daher auch mein großer Kritikpunkt, der mein Interesse an der Geschichte etwas geraubt hat. Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt, ich wurde ein wenig enttäuscht und finde es richtig schade, dass die Fortsetzung nicht mit dem ersten Band mithalten kann.

 

Ich finde, dass der Erzähler den Leser sehr gut durch die Geschichte führt. Er gibt eine komplett neutrale Sicht auf die Geschehnisse und man kann sich von diesen, aber auch von den Protagonisten vollkommen frei ein eigenes Bild machen. Man merkt anhand von Andeutungen, aber auch manchen Momenten, in denen eindeutig ungesagte Worte im Raum stehen, dass der Erzähler noch einige Geheimnisse in der Hinterhand hält und diese werden ab und an in die Erzählung eingestreut. Und obwohl dadurch eigentlich eine spannende Handlung gewährleistet sein könnte, habe ich nur sehr selten etwas davon gespürt. Meist ist die Geschichte ein wenig vor sich hingeplätschert, nur in sehr ausgewählten Momenten habe auch ich die Spannung wahrgenommen und daraufhin Vermutungen angestellt, um was es sich bei den angedeuteten Geheimnissen handeln könnte. Daher hat die Handlung auf mich meist einen sehr normalen und ruhigen Unterton, der sich ziemlich konstant durch die Geschichte gezogen hat.

Um noch einmal auf den Erzähler zurückzukommen: Ich finde es meist sehr gelungen, wie er es schafft, die Gefühle und Empfindungen der Personen in die Handlung einzubeziehen. Man kann genaustens nachvollziehen, was die Figuren gerade denken oder fühlen und welchen Personen sie positiv oder negativ gegenüberstehen. Zudem nimmt der Erzähler mehrere Positionen ein, nicht nur aus der Sicht von Eloise oder Emma, sondern auch aus der ihrer Töchter werden die Ereignisse beschrieben und dadurch entsteht eine vielfältige Story. Man lernt eine jede Person gut kennen und kann sich von ihr, aber auch ihrer Familie und ihren Plänen ein Bild machen. Diese Art der Erzählung hat bei mir dazu beigetragen, dass ich die Personen einen Hauch besser verstehen konnte und sie auf mich lebendig und abwechslungsreich wirkten.

 

Die Handlungsorte wurden mal mehr, mal weniger deutlich beschrieben. Ich habe das Gefühl, dass die Darstellung dessen häufig mit der Stimmung in Verbindung stand. Gerade bei den privaten Wohnungen und Häusern von Eloise und Emma habe ich dies gespürt, diese brachten eine ganz eigene Aura mit sich, die sich natürlich auch auf das Bild ausgewirkt hat, welches ich von den jeweiligen Orten vor Augen hatte.

Am besten und eingängigsten, aber auch am bildhaftesten beschrieben waren für mich jegliche Räume des Flanagans. Diese hatten eine ganz eigene und interessante Ausstrahlung und wirkten exquisit und spannend. Ich mochte die Eleganz und den Stil, der von dem Gebäude mit seinen zahlreichen Zimmern ausgestrahlt wird und habe mir oft gewünscht, das traumhafte Hotel mal mit eigenen Augen zu sehen!

 

Rein vom Auftreten unterscheidet sich ein jeder Charakter von dem anderen. Dies setzt sich auf der charakterlichen Ebene fort und dadurch entstehen abwechslungsreiche und absolut nicht stereotype Protagonisten, die man als Leser durch die Handlung begleitet. Keiner gleicht dem anderen, jeder kann mit eigenen Merkmalen und Eigenheiten überzeugen und am Ende war ich selbst davon überrascht, wie interessant und vielfältig ich die Personen wahrgenommen habe. Jeder hat verschiedene Facetten von sich gezeigt und obwohl ich die Mehrzahl der Figuren als nicht sehr sympathisch einschätze, war es doch informativ zu sehen, wie sie agieren und welche Entscheidungen sie schlussendlich treffen.

 

Fazit

Nach dem Lesen des Buches bin ich noch immer unentschlossen, ob die positiven oder negativen Eindrücke überwiegen. Ich kann es auch jetzt noch nicht sagen, daher denke ich, dass sie ein ausgeglichenes Verhältnis besitzen. Ganz viele Punkte haben mir zugesagt, sei es die Sprache, das Setting oder auch die Darstellung der Personen. Allerdings wurde ich in zwei Punkten auch ziemlich enttäuscht: Ich hätte es mir gewünscht, dass das Flanagans deutlicher im Mittelpunkt steht und für mich wären die ständigen Informationen darüber, welche Person gerade von welcher anderen Figuren sexuell angezogen wird, nicht notwendig gewesen. Gerade der letztgenannte Punkt hat meinen Lesefluss immer wieder etwas getrübt und schlussendlich kann die Fortsetzung für mich nicht an den sehr gelungenen Auftakt anschließen. Sehr schade, trotzdem werde ich die Augen nach einer möglichen Fortsetzung offen halten, ich finde, dass die Geschichte, als auch das traumhafte Setting mit dem Flanagans weiterhin viel Potenzial bietet!