Rezension

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Leider eine schwache Umsetzung einer guten Idee

Die Lilien-Reihe 1: Die Stunde der Lilie - Sandra Regnier

Die Lilien-Reihe 1: Die Stunde der Lilie
von Sandra Regnier

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhalt:
Julia führt das typische Leben eines Teenagers. Sie geht zur Realschule, wo es eigentlich gut klappt, außer in Französisch. Sie hat eine kleine Schwester, der immer alles perfekt gelingt, eine beste Freundin namens Nina, die nicht leiste Flüstern kann und einen Schwarm, den sie nicht als solchen wahrnehmen will. Außerdem kann sie sich unheimlich gut historische Fakten merken. Soweit so normal. Doch als sie eines Tages mit Nina ausreitet ist plötzlich nichts mehr normal und Julia findet sich im 17. Jahrhundert in Frankreich wieder, wo sie plötzlich Teil des Hofstaates wird und dafür erst einmal Französisch, Etikette, Reiten und Tanzen lernen muss und das ausgerechnet vom strengsten Lehrmeister Etienne de Montesauvan.

Form und Stil:
Das Buch ist in 37. Kapitel, Prolog und Nachwort gegliedert, wobei die einzelnen Kapitel Überschriften haben und weiter in mit Sternchen abgetrennte Abschnitte unterteilt sind. Julia erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht in der 3. Person. Der Schreibstil der Autorin lässt sich leicht und flüssig lesen, ist für meinen Geschmack aber sehr emotionslos und zurückhaltend. Im Nachwort erklärt die Autorin, dass die geschichtlichen Daten in weiten Teilen korrekt sind.

Eigene Meinung:
Ich habe wirklich eine Menge Kritikpunkt bei der Lektüre dieses Buches notiert. Trotzdem möchte ich klarstellen, dass die Idee eigentlich ganz interessant war und die Reihe durchaus Potential hat sich zu entwickeln. Auch hat die Autorin einige sehr interessante Charaktere geschaffen, die mir richtig gut gefallen haben. Allen voran der männliche Protagonist Etienne de Montesauvan, der wirklich komplex und authentisch wirkt und mir sehr ans Herz gewachsen ist. Auch toll fand ich die Königin und Nino, die für Frauen der damaligen Zeit wunderbar abgeklärt sind und nicht nur den Stand, sondern auch die Menschen dahinter zu sehen scheinen.

Leider war es das dann aber auch schon mit den positiven Dingen. Im Gegensatz zu den vorgeschilderten Charakteren blieb die Protagonistin eher blass und unspektakulär. Im Laufe des Buches wurde sie mir dann immer unsympathischer, da sie plötzlich alles in kürzester Zeit perfekt beherrschte. Von der französischen Sprache, bei der nach wenigen Monaten kein Akzent mehr zu hören ist, über das Reiten, das Tanzen und schließlich sogar Singen und Fechten, bei allem ist sie ein Naturtalent. So nicht. Das ist einfach nur unglaubwürdig. Die Autorin versucht zwar es dem unglaublich strengen Lehrmeister zuzuschieben, aber das war wirklich zu viel des Guten. Weiter geht es mit den weiteren Charakteren. Ich habe zwischendurch überhaupt nicht mehr durchgeblickt wer zu wem gehört und wer nochmal welchen Titel hat und überhaupt. Warum muss man Personen mal mit ihrem Nachnamen, mal mit ihrem Vornahmen, mal mit ihrem Titel und dann wieder mit ihrem unter den Höflingen geltenden Spitznamen bezeichnen? Und das am besten noch auf Französisch. Ein Personenregister wäre so unglaublich hilfreich gewesen. Das hätte meiner Meinung nach auch dem Verlag auffallen müssen. Dass die Autorin die historischen Personen auseinanderhalten kann, ist ja nicht überraschend.

Überhaupt ist mir nicht klar, warum die Geschichte in Frankreich spielt. Die französischen Namen, Titel und Ränge sind schwierig und wenn man kein französisch gelernt hat, kann man sie unmöglich richtig aussprechen, da Französisch sehr komplex ist bei der Umwandlung von Text- zu Lautsprache. Es gab auch immer wieder nicht übersetzte französische Textstellen. Da hätte ich mir zumindest eine Fußnote gewünscht.

!!!Achtung Spoiler:

Vor allem aber finde ich es sehr schade, dass Julia von der Eifel nach Versailles kommt ohne erkennbaren Grund. Die Autorin liefert einem nichts, woran man festmachen könnte, dass es einen Sinn macht die Handlung nach Frankreich zu verlegen. Überhaupt wird man über nichts aufgeklärt. Nicht über die Lilien. Nicht über die Hintergründe der Zeitreisen. Ja nicht einmal über den Sinn des Prologes. Das war mir einfach zu wenig. Das war für mich nur eine halbe Geschichte.

Ende Spoiler!!!

Leider mangelt es dem Buch auch sehr an Spannungskurven. Es wird lange Zeit nur das Leben bei Hofe geschildert, sodass man am Ende von allem überrannt wird, bevor es wirklich dazu kommen könnte, spannend zu werden. Auch die Liebesgeschichte bleibt viel zu dünn und wirkt künstlich. Am Ende wirkt das Buch fast plötzlich abgebrochen und man fragt sich, ob es ein Seitenlimit gab. Insgesamt hat das Buch wenig mit Jugendfantasy für mich zu tun. Allenfalls als Jungendhistory, könnte man es bezeichnen.

Fazit:
Beauerlicherweise mangelt es dem Buch an wirklich vielen Ecken. Trotzdem würde ich den nächsten Teil lesen, einfach weil mir Etienne so gut gefallen hat und ich doch Hoffnung habe, dass da noch mehr kommt.

Kommentare

eclipse888 kommentierte am 15. September 2014 um 17:53

Hey Illusion,

da ich das Buch im Rahmen einer Leserunde mit der Autorin gelesen habe und sie sich zu einigen deiner Kritikpunkte zu Wort meldete, wollte ich dir diese Informationen auch gerne geben. =)

Das Buch ist eigentlich noch länger, ca 600 Seiten. Der Verlag meinte aber, das wäre für ein Jugendbuch zu lang, deshalb wurde es in zwei Teile aufgeteilt. Das ist auch der Grund, wieso es zum Einen so abrupt aufhört und zum Anderen auch keine richtigen Erklärungen hat. Das kommt alles noch im zweiten Teil. Denk es dir einfach als die erste Hälfte des Buches, das ist es ja eigentlich auch, genau wie du es empfunden hast.

Das mit den vielen Personen war ein Punkt, den auch andere Leser angemerkt haben. Deshalb wollte die Autorin für den zweiten Teil Personenregister erstellen.

Zu den französischen Stellen: Es war dich gar nicht soo viel und sie waren alle ganz am Anfang, wenn ich mich richtig erinnere. Ich muss dazu sagen, dass ich französisch kann, zumindest ein wenig, da hatte ich aber auch keine Probleme damit, die Sätze sind nicht allzu schwer. Soweit ich weiß, haben die meisten Reader aber auch Wörterbücher integriert. Falls man also wirklich kein Wort französisch versteht, könnte man sich wahrscheinlich auch damit den Sinn herleiten (einige der Leserundenteilnehmer haben das so gemacht).

 

Das musste ich jetzt einfach loswerden, da diese Fragen, wie schon gesagt, schon damals bei der Leserunde aufkamen. =)

LG

Julia

Illusion kommentierte am 08. November 2014 um 09:38

Ich habe deinen Kommentar erst jetzt gesehen. Vielen Dank dafür! Vor allem der Hinweis, dass es sich um den ersten Teil eines Buches handelt, hat mir sehr weitergeholfen. Ehrlich gesagt, kann ich da aber den Verlag auch nicht so richtig verstehen. Da wäre es doch besser das ganze Buch teuerer zu verkaufen als es zu teilen. Vor allem, wenn es sich ohnehin um ein Ebook handelt und nicht um ein normales Buch, dass durch Gewicht etc. dadurch zu unhandlich werden würde.

Ich hatte auch ein wenig Französisch und außerdem Latein und Spanisch in der Schule und konnte daher den französischen Stellen sogar folgen, allerdings finde ich es ein bisschen schwierig das bei einem Jugendbuch beim Leser vorauszusetzen. An das Wörterbuch habe ich gar nicht gedacht, allerdings habe ich auf meinem Tolino momentan nur Englisch vorinstalliert und hätte daher erst einmal schauen müssen, wie ich das passende Wörterbuch bekomme. Das stört dann doch den Lesefluss. Wirklich schlimm war das natürlich nicht. Es war bei mir eher die Summer der kleinen Dinge, die mich letztendlich an dem Buch gestört haben.

eclipse888 kommentierte am 10. November 2014 um 17:47

Ja, ich weiß, was du meinst. Aber irgendwie kann ich den Verlag dann auch ein bisschen verstehen. Es ist ja ein Jugendbuch und wenn das gleich so ein "dicker Schinken" ist, lesen das bestimmt weniger Leute, eben weil das so lang wäre. Ich kenne einfach viele Gleichaltrige, die so schon nicht gerne lesen und ich kan mir denken, dass sie ein Buch mit 200 Seiten eher lesen würden als ein doppelt so langes. Außerdem weiß man vor dem Kauf nicht genau, worauf man sich da einlässt. Ich finde, die Leseprobe kann man da nicht immer als Maßstab zu nehmen. Da habe ich schon Erfahrungen gemacht, wo ich die Leseprobe ganz toll fand, das Buch aber am Ende nicht mochte, oder eben andersrum. In so einem Fall würde ich es mir wahrscheinlich auch nochmal überlegen, wenn das Buch mehr kosten würde, ob sich das für mich dann nicht doch eher lohnt, für das selbe Geld, etwas anderes zu holen. Für uns ist sowas dann zwar blöd, aber wir Vielleser nenne ich das jetzt mal sind ja eine relativ kleine Gruppe.

Was das Wörterbuch angeht, das liegt wohl am Reader. Ich kenne mich da ehrlich gesagt nicht aus, aber auf meinem von Sony waren von Anfang an einige draufgeladen, unter anderem Englisch - Französisch. Und genau dazu sind die Wörterbücher ja auch da: damit man, falls es Verständinsprobleme gibt, mal kurz nachschlagen kann. Das ist viel weniger umständlich als sich ein richtiges Wörterbuch zu suchen und da umständlich zu suchen.

Ich kann aber verstehen, was dich gestört hat und ich kenne das selber, dass das Buch eigentlich gar nicht soo schlecht ist, dann aber viele Kleinigkeiten zusammen kommen, sodass man es dann doch nicht mag. Bei der anderen Reihe der Autorin ging mir das zum Beispiel auch so. Letztendlich ist das wohl einfach Geschmackssache. =)