Rezension

Leider gar nicht meins ...

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 2 Sternen

Lou hat ein Problem, sie verliert ihren Job im Café, weil es schließt. Was soll sie tun? Keine Ausbildung, schräger Modegeschmack, keine Perspektiven in einer kleinen Stadt und eine Familie, die auf ihr Gehalt angewiesen ist. Was bleibt ihr anders übrig, als das erst beste Zunehmen, was sie bekommen kann, einen Job als Pflegerin. Dieser Job verlangt einiges von Lou ab, denn ihr Patient, Will, ist kein alter Mann, sondern einer der im Leben stehen müsste und diesen nicht gewollten Zustand, auch jeden spüren lässt. Will lässt Lou am Anfang nicht an sich ran, er will sie nicht in seiner Umgebung. Somit macht die Arbeit keinen Spaß und Lou würde am liebsten alles hinschmeißen, aber jeder sagt ihr, wie viel Geld sie verdient und so muss sie sich durchkämpfen. Aber es kommt, wie es kommen muss, die Zwei kommen sich doch näher und freunden sich ein bisschen an. Bis Lou an einem Tag erfährt, warum ihr Job auf ein halbes Jahr befristet ist. Kann sie damit umgehen? Warum fühlt sie sich so betroffen? Ist sie etwa verliebt? 

Dieses Buch sorgte in der Bücherwelt für so viel Begeisterung und dabei war ich bei dem Inhalt doch sehr skeptisch, aber bei so vielen positiven Stimmen, wollte ich der Geschichte auch eine Chance geben. Hätte ich aber mal auf mein Bauchgefühl gehört. Mich konnte die „Liebesgeschichte“ von Lou und Will nicht begeistern und eigentlich hat sie mich mit einem wütenden Gefühl zurückgelassen. Lange habe ich überlegt, ob ich überhaupt eine Rezension schreiben sollte, denn es ist doch oft so, das negative Stimmen zerrissen werden und ich möchte mich dem gar nicht aussetzten. Trotzdem hat jeder seine Meinung und muss nicht jedes Buch, was gehypt wird, auch gut finden. Das Buch lässt sich schnell und gut lesen, sorgt jetzt aber auch nicht für anspruchsvolle Sprachgestaltung. Die Geschichte wird zu meist aus Lou‘s Sicht erzählt. Abwechselnt taucht aber auch mal eine Stimme von den Randfiguren auf, allerdings bleibt Will‘s Sicht ungehört und das fand ich mehr als Schade. Um diesen Mann geht es doch eigentlich und er muss bei der Autorin stumm bleiben, ich glaube es hätte der Geschichte gut getan, wenn wir auch ihn gehört hätten. Dann war der Anfang für mich nicht ganz so gut gelungen, denn ich fühlte, mich sehr an „Ziemlich beste Freunde“ erinnert. Das erste Aufeinandertreffen ähnelte so stark, das ich erst mal aufgestöhnt hatte.
Lou ist ein naives, oft ausgenutztes Mädchen. Die für jeden da sein muss und nie gelernt hat, sich selbst zu schätzen und ihr Leben zu leben. Immer muss sie das Haushaltsloch stopfen, für ihren Neffen da sein und alle Dummheiten ihres Freundes hinnehmen. Sie hat keine Lebensperspektive und Zukunftspläne gibt es auch keine. Will‘s Welt ist für sie mehr als fremd und in diesen Kreisen fühlt sie sich auch nicht wohl.
Will war vor seinen Unfall, der erfolgreiche Anwalt, ein Frauentyp, extrem Sportliebhaber und natürlich spielt Geld in seinen Leben keine Rolle, das hat man nämlich. So ist sein Leben jetzt, gefesselt an einen Rollstuhl, bewegungsunfähig, kein Leben. Die Schmerzen unerträglich, die ständige Pflege eine Zumutung und dann bekommt er auch noch einen Babysitter vorgesetzt. Ganz klar er will nicht mehr.
Die zwei nähern sich also an, er möchte in ihren Leben was bewegen, sie darauf aufmerksam machen, dass sie gar nicht so dumm ist und sie soll die Chance zu leben, ohne Behinderung, einfach nutzen. Ihre Träume leben und ihren Platz finden. Das ist ja auch ganz liebe gemeint und tut Lou auch gut, sie entwickelt sich, wird aus den kleinen Mädchen doch zur Frau, die auch für sich kämpft. Lou möchte Will helfen und ihn zurück ins Leben bringen, aber hat eigentlich nie eine Chance.
Hier kommen meine Knackpunkte an der Geschichte und das sind nur persönliche Eindrücke. Ich bezweifle, dass es wirklich eine richtige Liebesgeschichte war. Klar sie mögen sich, das steht außer Frage, aber Liebe konnte ich für mich nicht erkennen. Einige Szenen waren schon sehr ergreifend und wirklich süß geschrieben, aber tiefe Gefühle? Will hatte seine Entscheidung von Anfang an getroffen. Ich hatte eher das Gefühl er wollte, das sie ein Leben führt, wie er es nicht mehr kann. Er stupste sie an, zum Nachdenken und überlegen, was ja auch ein guter Freund tun würde. Bei Lou hatte ich auch nicht wirklich das Gefühl, das es die einzige Liebe ist. Sie fühlte sich berufen ihm zu helfen, diese Rolle spielte sie ihr ganzes Leben, kann man da so einfach ausbrechen? Ich glaube einfach das sich die Zwei sehr mochten, aber für die ganz große Liebe, fand ich die Entscheidungen falsch. Mann kann nicht allein entscheiden, dazu gehören zwei. Überhaupt hat mir nicht gefallen, wie die Autorin mit diesem schweren Thema umgegangen ist. Die Behinderung ist das Eine, aber auch noch den Freitod so darzustellen fand ich echt Schade. Ganz ehrlich, ich hätte mir was Lebensbejahendes gewünscht, einen Kämpfer, der das schöne im Leben und auf der Welt sieht und nicht aufgibt. Versteht mich nicht falsch, ich verstehe schon, dass er Schmerzen hat und das es für seine Zukunft nicht gut aussieht, aber er wird geliebt und viele können das nicht behaupten. So fand ich es eben auch traurig, das Will stumm geblieben ist. Außerdem frag ich mich, ob der diesen Weg überhaupt hätte gehen können, wenn er nicht das Geld im Rücken gehabt hätte. Überhaupt dieser Wohlstand, Lou und Will hätten sich ohne diesen Unfall nie kennengelernt, er hätte sie mit Sicherheit nicht einmal angesehen. Und dann dieser Schluss, Hollywood lässt grüßen, das war für mich zu viel des Guten und die Glaubwürdigkeit dahin. Wie ihr seht, es war nicht meine Gesichte, aber so muss es sein, Geschmäcker sind verschieden.

Kommentare

Carlali kommentierte am 14. Mai 2014 um 23:49

Mir hat es auch nicht gefallen. Ich bin Krankenschwester und hatte daher schon aus beruflicher Sicht Berührungspunkte mit echten Menschen und der Sterbehilfe-Diskussion. Meiner Meinung nach muss man in den letzten Jahren eher mit Scheuklappen durch die Welt gegangen sein um die Diskussion nicht mitbekommen zu haben...Was wohl leider bei den meisten euphorischen Lesern zutrifft ;-)

ps. Dein Text verrät sehr viel über den Inhalt , daher hätte ich ihn an deiner Stelle unkenntlich gemacht für Menschen die das Buch noch lesen wollen ohne vorher alles erzählt zu bekommen. Da gibt es so ein Häkchen "enthält Spoiler" ;-) Nur so als Tipp. ;-)

SharonBaker kommentierte am 15. Mai 2014 um 19:58

Hallo liebe Carlali,

meine Panik Rezension! Ich hatte solche Angst, das viele Leute meine Worte zerreisen würden, denn oft können Begeisterte andere Meinungen nicht zulassen. Es macht mich so froh, das ich mit meiner Meinung über dieses Thema nicht allein dastehe.

Was dein PS angeht, du hast Recht ich hätte das Spoiler Häkchen machen müssen, aber ich habe in den Moment gar nicht drüber gedacht, da es ja schon hunderte Rezi's gab und der Inhalt über diese Geschichte mehr als bekannt ist. Außerdem ist es so gar nicht meine Art, zu viel zu verraten, aber hier konnte ich mich einfach nicht beherrschen ...lach... Danke für deine Worte :-)