Rezension

Leider Gardams schwächster Wurf

Robinsons Tochter - Jane Gardam

Robinsons Tochter
von Jane Gardam

Bewertet mit 2.5 Sternen

Da Pollys Eltern beide früh gestorben sind, landet sie mit sieben Jahren bei ihren altjüngferlichen Tanten im Gelben Haus. Religion wird hier groß geschrieben und bis auf den Kirchgang gibt es in der Abgeschiedenheit Nordenglands auch wenig zu tun. Polly flüchtet sich in Bücher und entsetzt die Tanten mit Zweifeln an ihrer Religion. Gardam wählt für ihre Geschichte eine bewegten Zeit: Polly Flint erlebt zwei Weltkriege. Aber trotz weltpolitischer Umwälzungen kommen in der Marsch Veränderungen nur langsam und irgendwie gedämpft an.

Pollys Geschichte erzählt von Liebe und Literatur, von Einsamkeit und Enttäuschungen und von der eingeengten Welt, in die man als Frau Ende des 19ten Jahrhunderts zwangsläufig hineingeboren wird. Das mögen zeitlose Themen sein, aber für mich wirkte alles insgesamt etwas altbacken. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass der Roman bereits in den 80ern geschrieben wurde. Andererseits gehört das noch ältere „Bell und Harry“ zu meinen Favoriten.

Für mich gab es unter den schrulligen Figuren keine, die ich besonders liebgewonnen hätte. Das hat mir das dranbleiben etwas schwer gemacht. Die Distanz die zwischen den Figuren herrscht und die definitiv in deren Religiosität, Erziehung, Stand oder Charakter begründet liegt, merkt man auch beim lesen. Man spürt Pollys Drang nach Freiheit, ihre Eingeengtheit aber ebenso ihre Liebe zum Gelben Haus, ihrer Tante Frances und der wildromantischen Marsch.

Überzeugen konnte mich Gardam mit ihrem bildhaften und stimmigen Setting und mit ihrem altbekannten britisch trockenen Humor. Es gibt hier durchaus einige Stellen, die mich zum schmunzeln brachten und den postviktorianischen Staub etwas aufwirbeln.

Für mich ist „Robinsons Tochter“ bisher leider Gardams schwächster Roman und ich würde eher zur Old-Filth-Trilogie oder zu „Bell und Harry“ raten. Für Fans der englischen Lady ist dieser Roman aber natürlich trotzdem ein Muss.