Rezension

Leider ist Schönheit nicht alles !

The Belles - Dhonielle Clayton

The Belles
von Dhonielle Clayton

Bewertet mit 2 Sternen

In Orléans gibt es keine natürlich schönen Menschen. Durch einen "Fluch" sind die Menschen von Natur aus eher fahl. Und trotzdem oder genau deshalb steht hier Schönheit über allem. Die BELLES sind seit ihrer Kindheit darauf geschult, alle Menschen schön zu machen. Mit ihren magischen Fähigkeiten verleihen sie den Frauen die tollsten Züge, die schönsten Haare, die reinste Haut. Sogar das Gemüt eines Menschen können sie verändern.
Camelia wird vom Königshof als die Favoritin erwählt und lebt ab sofort ein Leben in Luxus und reiner Schönheit. Je länger sie am Hof lebt, desto mehr dämmert ihr, das die Schönheit vielleicht doch nur schöner Schein ist....

Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll, denn ich habe fast ausschließlich Kritikpunkte.

Vielleicht beginnen wir mal bei den positiven Dingen.

Das Cover und die Aufmachung des gesamten Buches sind atemberaubend schön. Von außen ein Traum, zieht sich die Schönheit, die hier in jedem Sinne das vorherrschende Thema ist, auch durchs Innere. Die Kapitelanfänge sind mit Blumen geschmückt und in die Buchdeckel sind wunderschön gestaltete Karten vom Königreich Orléans gedruckt.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, ein bisschen poetisch und sehr französisch angehaucht. Das hat mir persönlich sehr gut gefallen. Noch besser fand ich allerdings den Weltenentwurf. Dhonielle Clayton schafft eine unglaublich schöne Welt, überall stehen Blumen in voller Blüte, Farben wohin man blickt, Süßigkeiten und kleines Gebäck in Hülle und Fülle. Es ist wirklich atemberaubend und sehr anschaulich beschrieben.

Manchmal war es für meinen Geschmack aber auch ein wenig ausschweifend. Die Autorin hält sich viel mit Nichtigkeiten auf, beschreibt immer wieder diverse Schönheitsartikel, was auf Dauer ein wenig nervt, weil sich sehr vieles wiederholt.

Und damit komme ich auch schon zu den negativen Punkten.

Auch wenn die Autorin in ihrem Nachwort schreibt, das sie dem Schönheitswahn mit ihrem Buch entgegenwirken will, tut sie in der Geschichte selbst, tatsächlich das genaue Gegenteil und vermittelt, das es eine Schande ist, auch nur einen einzigen Makel zu haben. Da kann ich auch noch so sehr versuchen, zwischen den Zeilen etwas herauszulesen, die Botschaft kommt nicht an und geht komplett in die falsche Richtung. Gerade in Bezug auf die empfohlene bzw. angesprochene Lesergruppe, nämlich Menschen im Alter von 12 bis 17 Jahren finde ich diese Thematik verwerflich umgesetzt. Was soll die Geschichte einem Teenie vermitteln, der seinen Weg im Leben noch sucht und sich häufig eh schon an den Schönen und Reichen, Promis und Co. orientiert ? Das sie nichts wert sind, wenn sie diesen Idealen nicht entsprechen ? Nein, sorry, das ist ein Punkt an dem mir wirklich die Hutschnur hochgeht und die mir auch niemand schönreden kann.

ACHTUNG SPOILER:
Im Buch gibt es eine Szene, bei der ich regelrecht explodiert bin.
Es gibt eine Mutter, die ihr Kind hässlich findet, also lässt sie das junge Mädchen, ich glaube sie war 11, von einer Belle so verändern wie es ihr gefällt. Das das Mädchen dabei Schmerzen leidet, ist der Mutter vollkommen egal. Ihr einziger Kommentar gegenüber der Belle ist, das sie immer so ein Theater veranstalten würde.
SPOILER ENDE

Hätte die Autorin die Geschichte anders gelöst und beispielsweise eine Rebellion der Protagonistin, gegen dieses ganze Schönheitssystem ausbrechen lassen, so wie ich mir das zu Anfang von der Geschichte erhofft hatte, dann wäre das ein klares Zeichen gewesen. Doch so etwas wie eine Rebellion gibt es leider gar nicht. Die Protagonistin ist ein graues Mäuschen, das sich für ihre Stellung viel zu sehr herumschubsen lässt und nur ganz ganz zögerlich realisiert, das dieser ganze Wahn eigentlich verrückt ist. Die Entwicklung von Camille dauerte mir leider viel zu lange und war auch, wie auch die sämtlicher anderer Figuren, absolut oberflächlich. Bis zum Ende konnte ich keinen Charakter benennen, der mich wirklich interessiert hätte, weil sie alle ziemlich fad sind. Dafür, das sie doch alle so wunderschön sind, sind sie einfach total langweilig.

Bis auf Sophia, die ist in meinen Augen eine Sadistin, die es liebt, all ihre Höflinge und Untergebenen zu piesacken und zu triezen. Das Schlimmste: Man lässt sie gewähren. Keiner der Höflinge stellt sich gegen sie, selbst die Königin ist zu schwach um ihrer eigenen Tochter Einhalt zu gebieten. Das hat mich unglaublich zornig gemacht, denn Sophia stellt andere Leute nicht nur bloß und "mobbt ein bisschen". Sie geht über Leichen !

Nicht nur Camille und alle anderen erdulden das, besonders geärgert habe ich mich über Ambra, Camilles beste Freundin, die dieses Spiel ebenfalls mitspielt, einfach nur, weil sie von Neid gegenüber Camilles Stand als Favoritin, zerfressen ist und meint sich beweisen zu müssen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist diese völlig unnötige Liebesgeschichte, bei der ich mich frage, warum die Autorin diese überhaupt eingebaut hat. Sie wirkte auf mich komplett konstruiert und ich habe bei keinem der beiden "Verliebten" auch nur den Hauch von Gefühlen wahrgenommen. Tatsächlich hätte ich sogar viel mehr Potenzial in einer anderen Konstellation gesehen.

Bis zum Ende hatte ich die Hoffnung, das es vielleicht doch noch einen richtig dollen und rebellischen Showdown gibt, doch auch hier wurde ich enttäuscht. Es gibt zwar einen Wendepunkt, der war für mich jedoch recht vorhersehbar und somit wenig überraschend.

So sehr ich mich auch bemühe, positive Aspekte an der Geschichte zu finden und zu erkennen, es gelingt mir nicht. Stattdessen werden die negativen Punkte immer mehr, je länger ich darüber nachdenke.

Und wenn ich ehrlich bin, dann ärgert mich das sehr, einfach weil die Idee gar nicht mal schlecht war. Die Autorin hätte aus der Geschichte etwas richtig Großes und Gutes entstehen lassen können, hat sie aber nicht.

Ich habe lange abgewägt, wie ich das Buch bewerten soll, denn ich vergebe ja generell nur volle und keine halben Punkte. Da die negativen Aspekte aber einfach total überwiegen, habe ich mich nun auf die niedrigere Wertung festgelegt und bin aktuell auch ehrlich unsicher, ob ich die Geschichte weiterverfolgen und Band 2 überhaupt lesen möchte.