Rezension

Leider nicht empfehlenswert

Mein Jahr als biblische Frau
von Rachel Held Evans

Bewertet mit 2 Sternen

Bloggerin und Autorin Rachel Held Evans ist überzeugte Christin und liest regelmäßig in der Bibel. Als einige ihrer Freundinnen "biblischer leben" wollen, stimmt sie das nachdenklich. Rachel will wissen, wie es ist als Frau nach der Bibel zu leben und wagt ein Experiment: Sie will ein Jahr lang so biblisch wie möglich leben. Dabei nimmt sie so manche Passage wörtlich und überträgt für die Dauer ihres Projekts Bibelstellen aus dem Alten, sowie dem Neuen Testament auf ihren Alltag. Jeden Monat stellt sie unter ein neues Thema, setzt sich passende Ziele und konzentriert sich in dieser Zeit auf eine bestimmte Tugend, wie z.B. Sanftmut, Häuslichkeit, Gehorsam, Schönheit und Unterordnung. In ihrem Buch Mein Jahr als biblische Frau lässt Rachel Held Evans ihre Leser an ihrem außergewöhnlichen Experiment teilhaben.

Anfangs war ich sehr gespannt auf dieses Buch und fasziniert von dem Vorhaben der Autorin. Nachdem ich zu lesen begonnen habe, merkte ich recht schnell, dass ich anscheinend ganz andere und vorallem falsche Erwartungen an das Buch hatte. So war ich z.B. sehr überrascht, dass Rachel Held Evans sich u.a. an Reinlichkeitsgebote aus dem Alten Testament halten wollte. Je mehr ich las, desto öfter fragte ich mich nach dem Sinn und Zweck des Experiments. Wirklich erschlossen hat sich dies mir auch nach Beenden der Lektüre nicht.

Rachel Held Evans hat zu den verschiedenen Bibelstellen in feministischer, konservativer und liberaler Literatur recherchiert. Auch hat sie jüdische, katholische und protestantische Sichtweisen zu jedem ihrer Themen herausgesucht. So fand ich besonders die jüdisch-orthodoxe Sicht auf Sprüche 31 sehr interessant. Dennoch lies mich das Buch immer wieder leicht irritiert zurück. Die Autorin weiß z.B., dass Sprüche 31 keine To-do Liste ist, sondern ein Lobgesang. Trotzdem bürdet sie sich viele Extraaufgaben aus dieser Bibelpassage auf. Auf das "wozu" habe ich leider keine Antwort finden können.

Nach und nach hat sich für mich herauskristallisiert, dass Rachel Held Evans sich bei vielen Themen für mein Empfinden gar nicht so sehr an die Bibel hält, sondern vielmehr an das, was andere Leute daraus gemacht haben. Sie recherchiert zwar auch selbst und die Schlüsse, zu denen sie durch induktive Bibelarbeit kommt, sind sehr interessant. Aber für ihr Projekt verlässt sie sich für meinen Geschmack zu sehr auf anderer Leute Meinungen. Im Kapitel über Unterordnung hat sie sich z.B. nicht an der Bibel orientiert, sondern an den Interpretationen einer anderen Autorin.

Auch wenn sie zwischendurch immer mal wieder zu einigen interessanten Schlussfolgerungen kommt, konnte ich mit dem Buch als Ganzes nicht wirklich warm werden. Unter "biblischem Frausein" scheine ich etwas anderes zu verstehen als Rachel Held Evans und habe wohl entsprechend auch ein anderes Buch erwartet.
Was mir im ganzen Buch jedoch am meisten gefehlt hat war Jesus Christus und was Er am Kreuz für uns getan hat. Als Christin kann ich beim Betrachten der Bibel (und das gilt selbstverständlich auch für das Alte Testament) Jesus nicht einfach außen vor lassen. Das scheint mir hier aber leider geschehen zu sein.