Rezension

Leider nur gutes Mittelmaß

Frostblüte - Zoë Marriott

Frostblüte
von Zoë Marriott

Auf Saram mit den eisgrauen Augen liegt ein Fluch, der sie bei Gefahr in eine schnaubende Bestie verwandelt und mit der Axt ihres toten Vaters eine Schneise der Verwüstung als gefährlicher Wolf hinterlässt. Die Dorfbewohner fürchten ihre unkontrollierbaren Attacken und wollen sie dem Feuer überlassen, doch im letzten Augenblick kann sie entkommen und muss seitdem mit ihrer Mutter auf der Flucht sein. „Saram“ bedeutet Kummer und diesen trägt die verfluchte Frau in jeder Pore ihres Körpers, der die Kälte in ihrem Innern nur schwer überdeckt, sodass sie den Namen „Frost“ bevorzugt. Nach dem Tod ihrer Mutter schlägt sich das Mädchen alleine durch die Wälder auf der Suche nach der Feuergöttin, die sie erlösen kann, doch auf einer Lichtung wird sie Zeuge eines Hinterhalts und nach dem barschen Kampf mit den falschen Hirten Arian und Luca in deren Lager der Berggarde gebracht, um die Chance ihres Lebens zu bekommen und endlich verstanden und geliebt zu werden.

„Du warst für mich das tapferste Mädchen, das ich je kennengelernt habe, und seitdem ist nichts passiert, was meine Meinung geändert hätte. Ich liebe dich.“ (S. 245)

„Du bist ein guter Mensch. Und ich liebe dich.“ (S.257)

Die offensichtliche Dreiecksbeziehung hat für mein Empfinden in der Berggarde nicht gut funktioniert. Schon die erste, obige Liebesbekundung von Luca war holprig und keineswegs von der Leidenschaft einer jungen Liebe erfüllt, sodass es wie das Aufmuntern von Bruder und Schwester klang. Bis zum Schluss wurden daraus für mich keine glaubhaften romantischen Gefühle, da es von Frosts Seite mehr Dankbarkeit ähnelte und von Lucas Part mehr Faszination und Mitleid gleichkam. Arian war da eindeutig forscher und auch passender in seiner Rolle als liebestoller und gekränkter Freund, zumal ihre kleinen und großen Dispute doch viel eher zu einem neckenden Pärchen passten.

Auch Frosts Dämon hat sich anders entwickelt, als ich es nach der Leseprobe vermutet hätte. Ihre wölfische Gabe vollzieht sich nämlich nur innerlich, indem sie als Raserei und unbändige Wut hervortritt, ohne aber die Verwandlung zu einem „Werwolf“ abschließt. Dieses Element habe ich zwar nicht vermisst, weil das Berserkern ohne Rücksicht auf Verluste im Mädchenkörper mal eine gelungene Abwechslung war, allerdings verläuft mir die Ablösung vom tobenden Geschöpf mit spitzen Fangzähnen zu glatt und problemlos. Die dazugehörigen Träume, in denen Frost von dem Wolf gejagt wird und um ihre Seele bangt nehmen viel mehr Platz ein, als die doch eigentlich schwierig Trennung von der Last des Fluchs.

Zoe Marriott hat eine gute Geschichte mit teils poetischen Worten in einer Welt geschaffen, die mich in ihrer Wildheit an die Anfänge der Eisen- und Steinzeit erinnert und durch diverse aufgewirbelte Schneeflocken perfekt in diese Jahreszeit passt. Dagegen setzt die Autorin mit einer sehr tapferen und starken Protagonistin einen gelungenen Kontrast. Viele unsichere Momente von der Frostblüte waren nachzuvollziehen, aber in der Menge auch etwas erdrückend, sodass ich mit Livia, der mütterlichen Heilerin, mehr Sympathie aufbauen konnte und aufgrund genannter Schwächen nicht durchweg zufrieden bin.