Rezension

Leider schwächer als der erste Band...

Das Kind in mir will achtsam morden - Karsten Dusse

Das Kind in mir will achtsam morden
von Karsten Dusse

Bewertet mit 3 Sternen

Der Spaß, den ich am ersten Band hatte, wollte sich hier nicht so recht einstellen. Zu gewollt, zu gezwungen und z.T. langatmig. Schade...

Björn Diemel hat die Prinzipien der Achtsamkeit erlernt, und mit ihrer Hilfe sein Leben verbessert. Er hat den stressigen Job gekündigt und sich selbstständig gemacht. Er verbringt mehr Zeit mit seiner Tochter und streitet sich in der Regel liebevoller mit seiner Frau. Ach ja, und nebenbei führt er noch ganz entspannt zwei Mafia-Clans, weil er den Chef des einen ermordet und den des anderen im Keller eines Kindergartens eingekerkert hat. Warum nur kann Björn das alles nicht genießen? Warum verliert er ständig die Beherrschung? Hat er das Morden einfach satt? Ganz so einfach ist es nicht. Sein Therapeut Joschka Breitner bringt ihn endlich auf die richtige Spur: Es liegt an Björns innerem Kind! 

Björn Diemel steht als erfahrener Anwalt auch diesmal wieder im Mittelpunkt des Geschehens. Die Erzählung knüpft an die Geschehnisse des ersten Bandes an und spielt sechs Monate später. Eigentlich läuft gerade alles halbwegs glatt. Björn arbeitet nun auf selbständiger Basis, und zwar ausschließlich für die beiden Mafia-Clans, die im vorherigen Band eine wichtige Rolle spielten. Einer dieser Clans besitzt nun einen eigenen Kindergarten, den auch Björns Tochter begeistert besucht - geleitet wird dieser von Björns Vertrautem Sascha. Mit seiner getrennt lebenden Frau hat Björn sich halbwegs arrangiert, und immerhin kann er seine Tochter ungestört sehen.

Sascha und Björn haben die beiden Wohnungen über dem Kindergarten gemietet und versorgen abends den heimlichen Bewohner des Hauses, der keine Miete zahlt: Boris. Der amtierende Mafia-Clan-Chef ist im wahrsten Sinne des Wortes untergetaucht. Er lässt sich angeblich von seinem Anwalt Björn vertreten, der derzeit alles Geschäftliche regelt - ebenso wie der Kollege des verfeindeten Clans, den es aber härter getroffen hat. Der wurde nämlich von Björn achtsam ermordet, während Boris nur in dessen Keller eingesperrt wurde.

Doch irgendwie findet Björn trotz seiner ganzen verinnerlichten Achtsamkeitsregeln nicht wirklich zur Ruhe. Er ist schnell auf 180 und muss sich durch seine Achtsamkeitsübungen wieder runterbringen. Seine Frau ist überaus abweisend und missachtet seine Wünsche und Bedürfnisse völlig, was Björn hinnimmt, um den Kontakt zu seiner Tochter nicht zu gefährden. Aber es nervt ihn. Zunehmend. Und als sich die explosiven Situationen häufen, beschließt Björn, seinen bereits vertrauten Therapeuten Joschka Breitner noch einmal aufzusuchen.

Einige anstrengede Therapiestunden später ist Björn mit seinem inneren Kind bekannt gemacht worden, das ihm aufgrund früherer Kränkungen immer wieder dazwischen funkt. Ein ganzes Stück Arbeit liegt nun vor Björn, denn es gilt, die Bedürfnisse des inneren Kindes zu erkennen und zu würdigen. Der Beginn eines konstruktiven Dialogs...

 

"Wenn Sie einen blauen Fleck am Oberschenkel haben, schränkt der Sie dann im Alltag ein?" --- "Nein." --- "Und wenn jemand auf diesen blauen Fleck draufhaut?" --- "Dann tut das höllisch weh." --- "Sehen Sie. So ist das auch mit dem inneren Kind. Ihr inneres Kind trägt die blauen Flecke Ihrer Seele." (S.69)

 

Ich habe mir gerade noch einmal die Rezension zu Band eins ('Achtsam morden') durchgelesen, um den Unterschied der beiden Romane besser fassen zu können. Vom Aufbau her sind sich die Romane ähnlich - die Kapitel werden eingeleitet von einem Zitat des Therapeuten Joschka Breitner, und die Handlung des Kapitels greift diese Notiz dann auf. Dies passte für mich in Band eins jedoch besser als hier - manchesmal wirkte es diesmal auf mich zu konstruiert.

Ähnlich wie im ersten Band ließ sich das Buch flüssig lesen, doch zogen sich für meine Empfinden zu viele Nebenhandlungen durch das Geschehen, wodurch wiederholt der Eindruck von Langatmigkeit aufkam. Das Achtsamkeits-Prinzip ist dem Leser ja schon aus dem vorherigen Band vertraut, so dass dieser Ansatz in der Gestaltung von Problemlösestrategien jetzt nicht wirklich neu war. Neu war allerdings das innere Kind von Björn, das hier ständig dazwischen funkte - und ständig wieder in den Vordergrund geschubst wurde, für mich tatsächlich zu viel. 

Vielleicht war Björn einfach zu sehr mit seinem inneren Kind beschäftigt, so dass er seinen Vertrauten Sascha diesmal viel 'erledigen' ließ. In Band eins hat mich vor allem begeistert, dass Björn so allein auf weiter Flur den Achtsamkeits-Regeln gemäß seine Probleme lösen musste. Hier zerfaserte mir die Handlung zu sehr, da hätte ich gern mehr persönlichen Einsatz von Björn selbst gesehen. 

Ich bin ein großer Fan von schwarzem Humor, und im ersten Band traf der Autor damit voll meinen Nerv. Auch der Ansatz als Gesellschaftssatire hat mir seinerzeit gut gefallen. In diesem zweiten Band kam der Humor für mich dagegen nicht so recht in Fahrt. Stellenweise war es durchaus amüsant - die Sexszene beispielsweise, während der Björn seinem innernen Kind eine Geschichte erzählen sollte - aber insgesamt bei allem zugestandenen Einfallsreichtum doch eher etwas bemüht.

Klingt hier Enttäuschung durch? Irgendwie schon. Zumal mir das Ende nicht wirklich schlüssig erschien. Insgesamt einfach zu viel inneres Kind, zu wenig an Krimi, immer wieder schleppende Passagen, und an Spritzigkeit, schwarzem Humor und Originalität leider nicht mit Band eins zu vergleichen. Nett zu lesen und ganz unterhaltsam. Mehr aber auch nicht...

 

© Parden