Rezension

Leise und gleichzeitig sehr intensiv

In diesen Sommern -

In diesen Sommern
von Janina Hecht

„Ich merke manchmal, wie ich Momente gegeneinander abwäge. Und mich frage, ob man das überhaupt tun darf. Ob man Szenen ausstreichen kann, die nicht ins Bild passen und für Unruhe sorgen.“ 

Mit diesem Debütroman ist Janina Hecht ein ganz außergewöhnlicher Roman gelungen, der unter die Haut geht, obwohl oder gerade weil er das Thema Alkoholsucht und wie diese den Familienalltag beeinflusst auf so rationale, nüchterne Weise schildert. Stakkatohaft erzählt Protagonistin Teresa in kurzen, nur wenige Seiten langen Momentaufnahmen, von ihrem meist ungewöhnlichen Familienleben. Gibt es aus ihrer Kindheit vereinzelt noch schöne Erinnerungen, werden diese im Laufe der nächsten 20 Jahre immer seltener. Über allen Zusammentreffen mit ihrem Vater schweben die Fragen: Hat er wieder zu viel getrunken? Wie ist er heute drauf? Wird es wieder Streit oder sogar Gewalt geben? Der Vater wird zum Fixpunkt der Familie – nicht, weil er seinen Lieben den nötigen Halt gibt, sondern weil sich deren Verhalten Tag und Nacht nach seinem Befinden richtet und sie hoffnungslos versuchen, trotzdem eine Art Familienleben rundherum aufzubauen.

Die Hilflosigkeit der Kinder und der Mutter ist deutlich zu spüren, aber auch deren Zusammenhalt und Stärke. Obwohl es der Familie nach vielen Jahren gelingt, sich ein Leben ohne den Vater zu erschaffen, schweben die dunklen Schatten der vergangenen Jahre immer über ihnen. Sie können die Erinnerungen und Gefühle der Kindheit nicht abstreifen. Auch Jahre später kommen die Gefühle vom Anderssein, von Schuld, von Hilflosigkeit, Angst und Heimlichkeit in ihnen hoch.

Mich hat besonders die außergewöhnliche Beobachtungsgabe beeindruckt, die sich durch den ganzen Roman zieht. Und vor allem, dass er gerade durch seine leisen Töne seine besondere Intensität erlangt. Lesenswert!