Rezension

Lesehighlight

Long Bright River - Liz Moore

Long Bright River
von Liz Moore

Bewertet mit 5 Sternen

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Michaela, genannt Mickey, ist Streifenpolizistin in Philadelphias schlimmstem Stadtbezirk Kensington. Hunderte von Drogentoten gibt es dort jedes Jahr und die Straßen sind voll von Abhängigen auf der Suche nach dem nächsten Schuss. Eine von ihnen ist Mickeys kleine Schwester Kacey. Seit dem Tod der Mutter hat sich die Ältere um sie gekümmert. Die hartherzige Großmutter kann den Mädchen keine Liebe und Wärme geben und deshalb sind die zwei Kinder sich sehr nahe. Als die Jüngere im Teenageralter in die Sucht abrutscht, lässt die Oma sie einfach fallen. Die Drogenabhängigkeit entfremdet aber auch die jungen Frauen über die Jahre und irgendwann bricht der Kontakt fast gänzlich ab. Gelegentlich sieht die eine in ihrem Streifenwagen die andere irgendwo am Straßenrand der Prostitution nachgehen. Aus der Ferne hält sie immer noch ein Auge auf die Schwester. Bis diese plötzlich verschwunden ist und ein Frauenmörder im Viertel sein Unwesen treibt. So macht Mickey sich auf, Kacey zu finden.

Vorsicht - der Klappentext suggeriert, dass es sich hier um einen Kriminalroman handeln könnte. Wer nur Krimis liest, könnte enttäuscht werden von Long Bright River. Aber wer offen ist für Alles, den wird diese Familiengeschichte sehr schnell fesseln und berühren. Die zwei Schwestern stehen schon in jungen Jahren alleine da. Die Großmutter verachtet den Vater der Kinder und unterbindet jeden Kontakt. Gleichzeitig will sie sie mit Härte und Unnahbarkeit stark machen und verletzt doch beide Kinderseelen tief. Dies ist sicherlich mit ein Grund, dass Kacey versucht, bei Drogen Halt zu finden und durch Beschaffungskriminalität und Drogenwahn die Nähe zur Schwester verliert. Dieser Prozess ist schmerzhaft und dramatisch und beschreibt sehr eindringlich die Situation vieler Menschen in Philadelphia. Auch Mickey hadert mit denen, die sie liebt, wird von einem Mann ausgenutzt, findet schließlich ihre Lebensmitte bei dem kleinen Sohn Thomas. Aber sie kann Kacey nie ganz aufgeben und allein dafür schon erobert sie schnell das Herz des Lesers.

Das Buch ist sehr einfühlsam und ehrlich geschrieben. Man kann es kaum aus der Hand legen. Auch wenn es kein Krimi ist, so hält es doch mehr als eine überraschende Wendung parat und durch einige sehr liebenswerte Nebenfiguren bekommt der Plot zusätzliche Tiefe und besticht mit einem klugen Blick ins Herz der Charaktere. Am Ende kommt so manches ganz anders, als man denkt und das Buch entlässt einen, obwohl es auch eine harte realistische Milieustudie ist, mit einem warmen und hellen Gefühl. Long bright river ist ein wirkliches Lesehighlight.