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Die amerikanische Nacht - Marisha Pessl

Die amerikanische Nacht
von Marisha Pessl

Der Freitod von Ashley Cordova, der Tochter des spurlos von der Bildfläche verschwundenen Kultregisseurs Cordova, weckt das Interesse des investigativen Journalisten und Buchautors Scott McGarth, der in albtraumhaften Reisen durch die Nächte New Yorks nach den Hintergründen dieses Todesfalls sucht. Ihm zur Seite stehen der Junkie Hopper und die Empfangsdame Nora, deren Bekanntschaft er bei seinen Recherchen macht und die beide im losen Kontakt zu Ashley standen. Ihre Streifzüge führen diese drei Suchenden quer durch den Untergrund des Big Apple, in Gegenden, um die man üblicherweise einen großen Bogen macht und bringt sie mit allerlei zwielichtigen Gestalten in Kontakt.

So weit, so gut. Das hört sich jetzt nicht sonderlich spektakulär an, aber wie Marisha Pessl mit dieser Ausgangssituation umgeht, ist sehr ungewöhnlich. Sie arbeitet unzählige Illustrationen mit Zusatzinformationen wie Krankenhausberichte, E-Mail Ausdrucke, zerknitterte Zettel mit handgeschriebenen Notizen, Bilddrucke aus dem Internet und Polizeiberichte ein, was einerseits das Gelesene veranschaulicht und vertieft, andererseits aber auch das Tempo bremst - wobei letzteres nicht unbedingt ein Nachteil ist, da der Leser durch die Komplexität der Handlung eh zum genauen Hinschauen gezwungen ist, wenn er alle Facetten der Geschichte erfassen will.

Die einzelnen Charaktere zeichnet die Autorin detailreich und sehr gelungen, so dass man vor allem Cordova, der nie wirklich in Erscheinung tritt, in der Realität begegnen möchte, ist er doch ein höchst manipulativer, besessener und unangenehmer Zeitgenosse.

Die "amerikanische Nacht" erzählt die Geschichte einer Suche nach Wahrheit und beschreibt eine verhängnisvolle Vater-Tochter-Beziehung. Pessl ist ein beeindruckender atmosphärisch dichter, dunkler Roman mit Thriller-Elementen gelungen, subtil komponiert mit vielen Verweisen in Richtung Film und Magie, dessen Sprache sich auf hohem Niveau bewegt.