Rezension

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Ein Held dunkler Zeit - Christian Hardinghaus

Ein Held dunkler Zeit
von Christian Hardinghaus

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich las, dass der Autor des vorliegenden Buches Historiker ist, machte sich in mir die Befürchtung breit, dass das Buch mühsam zu lesen sein würde, vielleicht trocken oder belehrend geschrieben. Dass ich jedoch tatsächlich einen mitreißenden, emotional aufwühlenden, spannend-lebendig geschriebenen Roman lesen durfte, war eine wunderbare Überraschung!

Es wird eine tatsächlich geschehene Geschichte in die Romanwelt versetzt, mit allen Zutaten versehen, die einen guten Roman ausmachen, und zusätzlich mit vorsichtiger Fantasie und gnadenloser, präzise recherchierter Zeitgeschichte unterlegt. Dass diese Kombination so genial gelungen ist, lässt für mich das Buch zu einem der herausragenden Leseerlebnisse werden.

Der Augenarzt Wilhelm Möckel erzählt selbst, wie er die Halbjüdin Annemarie kennen und lieben lernt und sich schließlich freiwillig zum Dienst in der Wehrmacht meldet, da er hofft, durch Erringen besonderer Verdienste zu ermöglichen, dass Annemarie als deutschblütig anerkannt wird und ihr und den Kindern Max und Martin somit alle bislang verweigerten Rechte zugestanden werden. In den geschilderten Kriegsjahren an der Front erweist sich Wilhelm als ein geradezu wagemutiger Mensch, der sich mit großem Können und unermüdlichem Einsatz um die Verletzten kümmert. Erzählt werden diese Jahre an der Front von Friedrich Tönnies, dem jungen Sanitätsgehilfen, der sich freiwillig als Bursche Wilhelm unterstellen lässt und zu seinem treuen Freund wird.

Das Buch hält für den Leser eine Achterbahn der Gefühle bereit. Wir sind angerührt von der Liebesgeschichte zwischen Annemarie und Wilhelm. Wir erschauern, wie zunehmende Judenfeindlichkeit langjährige Freundschaften zerreißt und Spitzeltum um sich greift. Wir sind gelähmt vor Entsetzen über das Menschenschlachten an der Front. Wir sind dankbar, wenn sich mitten im Kugelhagel etwas Menschlichkeit findet. Und weinen über den ertrinkenden Hund Norka. Christian Hardinghaus schreibt klar, schnörkellos, ohne jegliches Pathos, und genau damit packt er den Leser, zieht ihn ins Buch, ins Geschehen, in ein Stück Zeitgeschichte und lässt ihn bis zum Schluss und darüber hinaus nicht mehr los.

Viel gäbe es noch über das Buch zu erzählen. Aber ich kürze ab mit dem Satz, den ich nur ganz selten schreibe: Auch wenn Sie dieses Jahr nur ein einziges Buch lesen wollen - lesen Sie dieses Buch!