Rezension

Lesen, wachbleiben, durchatmen

Leben, schreiben, atmen - Doris Dörrie

Leben, schreiben, atmen
von Doris Dörrie

Eine Einladung zum Schreiben spricht Doris Dörrie mit ihrem neuen Buch „Leben, schreiben, atmen“ aus. Und ihr Verlag verspricht nichs weniger als ein einzigartigen Buch über das autobiographische Schreiben. Aber sollte man Dörries Einladung wirklich annehmen?

Die Filmregisseurin und Drehbuchautorin Doris Dörrie, 1955 in Hannover geboren, ist ein Star. Spätestens seit 1985 und ihrer Komödie „Männer“. Wenn Stars Bücher schreiben, findet sich immer auch ein Verlag, der solche mehr oder weniger literarischen Werke verlegt. Daher darf sich Multitalent Dörrie seit Jahrzehnten auch Schriftstellerin nennen. Doch nicht genug damit, dass sie neben ihrer Filmarbeit Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher schreibt. Sie unterrichtet an der Filmhochschule München „creative writing“ und gibt Schreibworkshops. Und genau dazu gibt es jetzt für alle, die sich nicht an die Filmhochschule trauen, das passende Buch von Dörrie: „Leben, schreiben, atmen“. Und damit auch jeder kapiert, wofür er sein Geld ausgeben soll, bekam das Buch den Untertitel „Ein Einladung zum Schreiben“.

 

Darin erklärt die Alleskönnerin nicht nur, wie man sich dem autobiographischen Schreiben nähern, ja es erlernen und perfektionieren kann. Nein, sie tut es auch gleich selber, gibt all ihren „Schülern“ also das beispielhafte Vorbild. Kein Wunder, weiß Dörrie doch: „Wenn man schreibt, schreibt man immer über sich selbst.“

 

Wobei: Diese Erkenntnis Dörries scheint mir nicht ganz neu, sodass wir uns damit dem ersten unübersehbaren Problem dieses Buchs nähern: Nichts an dem Schreibleitfaden ist wirklich neu.

 

Ein Tipp von ihr ist  – nur zum Beispiel –, man solle den Mut zum assoziativ-erinnernden Schreiben finden, damit Kleinigkeiten zu Sprungbrettern in die Erinnerungen werden, Erinnerungen, die dann schnell und ohne nachzudenken aufgeschrieben werden sollen. Übrigens am besten auch mit der Hand am Stift und nicht auf einer Tastatur. Bei allem Verständnis für das didaktische Bemühen, aaaaaber: Geht schreiben wirklich so?

 

Das zweite Problem: Dörries Buch ist ja gut gemeint, es weiß aber nicht, was es wirklich sein will. Es ist zu einem Drittel Leitfaden, zu (mindestens) einem Drittel Biographie, doch was ist der Rest? Leider nur eine unbekömmliche Mischung aus einem Tagebuch warmer Worte, aus altbekannten Plattitüden und aus pseudophilosophischem Geschwurbel. Als Beleg nur in Beispiel: „Der Schreibmuskel ist ein Muskel, der verkümmert, wenn man ihn nicht trainiert“.

 

Fazit: Es gibt bessere Schreibratgeber, bessere Biographien und bessere Tagebücher.