Rezension

Lesenswert

GOTT -

GOTT
von Ferdinand von Schirach

Bewertet mit 5 Sternen

Bereits mit „Terror“, einer Gerichtsverhandlung um einen Kampfpiloten, der ein von Terroristen gekapertes Passagierflugzeug abschießt, bevor es in ein vollbesetztes Fußballstadion gesteuert werden kann, hat mich Ferdinand von Schirach gepackt. Umso neugieriger war ich auf sein neues Werk „Gott“, geht es darin doch um das sehr sensible Thema Sterbehilfe.

Wie „Terror“ ist auch „Gott“ ein Theaterstück, bei dem diesmal jedoch eine Ethikkommission zusammenkommt. Die rechtliche Grundlage zur Sterbehilfe ist seit dem 26. Februar 2020 geschaffen. An diesem Tag urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass das in § 217 des Strafgesetzbuchs festgelegte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung gegen das Grundgesetz verstößt. In dem Urteil heißt es: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen.“

Doch wie sieht es mit der ethischen Seite aus? Der 78jährige Richard Gärtner ist geistig wie körperlich gesund, doch seit dem Tod seiner Frau vor drei Jahren ist das Leben für ihn sinnlos. Er möchte sterben, selbstbestimmt und mit ärztlicher Hilfe. Der Ethikrat hat sich zusammengefunden, um anhand seines Falls Fragen wie „Wem gehört unser Leben?“ und „Wer entscheidet über unseren Tod?“ zu erörtern.

„Gott“ liefert Denkanstöße zum Thema Sterbehilfe. Dies gelingt, indem Ferdinand von Schirach einem Theologen und einem Mediziner sowie einer Rechtssachverständigen und einem Mitglied des Ethikrats die Gelegenheit gibt, ihre Ansichten und Argumente zum Thema vorzubringen und sie zu diskutieren. Die jeweiligen Standpunkte werden dabei deutlich zur Sprache gebracht und liefern dabei auch Argumente, die man als Leser möglicherweise vorher nicht weiter bedacht hat. So wird z. B. erwähnt, dass viele Menschen, die einen nahestehenden Person durch Suizid verlieren, selbst danach mit großen psychischen Problemen zu kämpfen haben und es wird gefragt, ob derjenige, der sich selbst tötet, nicht rücksichtslos agiert. Auch steht die Frage im Raum, ob und wie eine Gesellschaft sich verändert, wenn die Sterbehilfe aktiv praktiziert wird.

Obwohl ich (bedingt durch eine familiäre Situation) bereits vor der Lektüre eine feste Meinung zur Sterbehilfe hatte, hat mich „Gott“ immer wieder zum Nachdenken gebracht. Und wenn ein Buch das schafft, ist es immer gut.

Am Ende gibt es keine endgültige Antwort auf die Frage, wem unser Leben gehört. Ferdinand von Schirach gibt die Frage an den Leser weiter und lädt damit erneut zu Diskussionen ein.

Fazit: Ein wichtiges Thema gut verpackt. Ferdinand von Schirach regt erneut zum Nachdenken und Diskutieren an. Unbedingt lesenswert.