Rezension

Lesenswerte Lebensgeschichte Kaspar Godeysens

Meines Vaters Pferde, Großdruck
von Clemens Laar

Bewertet mit 5 Sternen

Die Lebensgeschichte Kaspar Godeysens, eines armen und doch unendlich reichen Mannes

Autoreninfo: Clemens Laar - eigentlich Eberhard Koebsell (*1906; † 1960) - war war ein hauptsächlich in der Zeit des Nationalsozialismus populärer deutscher Schriftsteller. 1936 veröffentlichte er den Roman "...reitet für Deutschland", welcher bald verfilmt und dessen Titel sprichwörtlich wurde. 1950 folgte der ebenfalls verfilmte Roman "Meines Vaters Pferde - Die reiterlichen, romantischen und amourösen Stationen aus dem reichen Leben eines armen Mannes".  Erst nach dessen großem Erfolg verfasste L. 1953 den Vorgängerband über den Vater/Großvater: "Garde du Corps - Das Jahr der Bestimmung in dem noblen und tapferen Leben des Rittmeisters Malte Wielandt, Reichsfreiherr von Godeysen". 1960 folgte der letzte Band der Godeysentrilogie "Morgen - Die seltsam verworrenen Pfade des Jürgen Godeysen, des getreulich nach Erfüllung des Daseins Suchenden", der von Henry Peters-Arnolds vollendet werden musste, weil der mittlerweile in Vergessenheit geratene L. durch Selbstmord aus dem Leben geschieden war. Alle Teile sind in sich abgeschlossen und einzeln verständlich. Allerdings reichen I und III in meinen Augen nicht an das hier vorgestellte Buch heran. Auch andere - meist nach dem Krieg verfasste - Bücher gefielen mir gut, besonders "Amour royal - Das Glück der Verheißung" (1954) und "Ritt ins Abendrot - Das Glück der Erfüllung" (1956), in welchen es um den Witwer der berühmten preußischen Königin Luise, die einst in Tilsit mit Napoleon zusammentraf und sehr jung verstarb, und dessen zweite Ehefrau geht.

Inhalt: Wie auf der WLD-Seite bereits kurz angedeutet, beginnt das Buch im Deutschland kurz nach dem 2. Weltkrieg in einem von einem ziemlich bärbeißigen, jedoch eigentlich weichherzigen und um das Wohl seiner Patienten bemühten Arzt geleiteten Krankenhaus, wo auch der junge scherstkranke Soldat Jürgen Godeysen liegt. Bei dem geht es buchstänlich um Leben und Tod. Entscheidend könnte sich sein fehlender Lebenswille auswirken. Da taucht eine junge Frau auf, deren Großmutter und Jürgens Vater Kaspar sich einst sehr nahe standen, und bringt ihm das Erbe seines Vaters: ein Pferd namens "Nicoline" und die Tagebücher von Kaspar. In den Stunden vor der alles entscheidenden Operation liest sie, die ebenfalls Nicoline heisst, ihm daraus - zunächst fast gegen seinen Willen -  vor.
Kaspar Godeysens Leben lässt sich in Episoden einteilen, in denen stets eine ganz besondere Frau und ein ganz besonderes Pferd eine Rolle spielten. Es handelt sich hier aber weder um einen ausgesprochenen Liebes- noch einen Pferderoman oder gar um ein Kinderbuch. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die jüngere Vergangenheit spannt sich ein Bogen berührender Begebenheiten. Die Hauptschauplätze sind Berlin, Irland und Ostpreussen. In der Irlandsequenz erfährt die Leserschaft neben Details über dien irischen Pferdesport auch Interessantes über die Freiheitsbestrebungen, speziell der "Fall Parnell" findet Erwähnung.

Rezension: Dieses Buch gehört zu meinen "All time Favourites", es half mir durch manche Lebenskrise und ich habe es oft verschenkt. Der Erzählstil mag zwar - vor allem am Anfang und da besonders in Gestalt des Doktor Gunthermann - in seiner Nachkriegs-Hau ruck-Mentalität für manch Leser gewöhnungsbedürftig sein, aber gelegentlich eingestreute Bemerkungen verleiten einen dann auch wieder zum Lächeln (beispielsweise bezeichnet Kaspar einmal in Gedanken einen ein Pferd falsch behandelnden Pferdepfleger als "Halbidioten" und korrigiert sich dann: "Sein Gesicht liess mich die Halbierung des Begriffes als ausgesprochenes Fehlurteil erkennen."), andere wiederum regen zum Nachdenken an (so z. B. die Aussage "Es ist die verdammte Feigheit, die unter den Menschen die große Einsamkeit heraufbeschwört!"). Das gleicht - zumindest für mich - alle evtl. Schwächen aus. Ich rezensiere das Buch jetzt eigentlich nur, weil es gerade bei der Suche nach einem geeigneten Buch für eine private Leserunde während der Coronazeit wieder einmal Erwähnung fand, aber gerade die Beschäftigung mit dieser schönen Geschichte erweckt bereits den Wunsch, es sofort noch einmal zu lesen;-))