Rezension

Lest selber ...

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Bewertet mit 5 Sternen

Der Optiker nahm immer die mittlere 'Heimliche Liebe' ohne Sahne. "Die große 'Heimliche Liebe' schaffe ich nicht,", sagte er und sah Selma aus den Augenwinkeln an, Selma aber hatte keinen Sinn für Metaphern, auch wenn sie direkt vor ihrer Nase auf einem Eiscafétisch standen, mit Schirmchen.

Also dass es in der Geschichte um ein Okapi geht, wisst Ihr ja schon aus dem Klappentext. Und auch, dass offensichtlich immer jemand stirbt, wenn Selma von einem solchen träumt. Das allein hatte ja eigentlich schon ausgereicht, dass ich das Buch auf keinen Fall lesen wollte. Ich mag ja diese Art von extrinsischer Konditionierung nicht. Wie Luises Vater kann ich nämlich abergläubischen Regeln, und dann auch noch solchen, die den Tod prophezeihen, so gar nichts abgewinnen. Aber dieses Buch hier ist ein Wunderbuch, genial durchkomponiert und auf rätselhafte Weise seelenerfrischend. Von einer Autorin mit einer herrlich subjektiven und doch so allgegenwärtigen Beobachtungsgabe. Eigentlich ist Luise die Ich-Erzählerin. Aber sie erzählt aus der Perspektive von Selma, aus der Perspektive des Optikers, eigentlich aus der Perspektive von jedem, und es ist richtig so und genau deshalb authentisch, weil es gar nicht authentisch sein kann. Und ich sitze feixend und schmunzelnd im Bus oder wo auch immer man gerade lesen kann und habe eine diebische Freude an dieser unglaublichen Erzählung. Und dann, ganz plötzlich, bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Aber es kommt wieder. Und immer wieder höre ich mich "Ach ist das schön!" durch meine stille Wohnung hauchen, als wäre ich meine Uroma, aber was soll ich machen - hach, es ist einfach zu schön! Und mehr Beschreiben geht nicht, denn ich möchte Euch nicht um diese zahlreichen entzückenden und nicht minder überraschenden Pointen bringen ...

Ach, was soll ich sagen ... lest selber!