Rezension

Letters from the inside

Letters from the Inside - John Marsden

Letters from the Inside
von John Marsden

John Marsden überrascht mich mit jedem Buch mehr. Nicht um sonst ist er mein Lieblingsautor. Letters from the inside, oder auf Deutsch Liebe Tracey, liebe Mandy, ist ein Roman der rein nur aus Briefen besteht. Die Geschichte steigt leise mit dem ersten Brief, den Mandy an Tracey schreibt, ein und doch kann man schon am Anfang kaum aufhören zu lesen. Mit jedem geschriebenen Satz wird man neugieriger, süchtiger nach den Worten von Mandy und Tracey und man wird unaufhaltsam hineingezogen in die abgeschottete, private Briefwelt dieser beiden, doch komplett unterschiedlichen, Mädchen.

Mandy schüttet Tracey schon nach einigen Briefen ihr Herz aus, obwohl sie sich noch nie gesehen haben und kaum kennen, doch sie kann mit ihren Problemen besser umgehen, wenn sie in den Briefen an Tracey darüber erzählt. In der Mitte gibt es einen deutlichen Umbruch in der Gesamtstimmung und die anfangs leise Geschichte wird laut und unaufhaltsam. Ist es Mandy, die vor dem Umbruch beharrlich und ausführlich Briefe schreibt und fast abhängig davon wird, so kommt Tracey nach dem Umbruch nicht mehr ohne die Briefe von Mandy aus. Es entsteht eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden, was man sehr deutlich aus den Zeilen und zwischen den Zeilen herauslesen kann.

In der ersten Hälfte erfährt man fast alles von Mandy’s Leben, die zweite Hälfte ist Tracey’s Geschichte gewidmet. Weiß man von Mandy so ziemlich alles, hegt Tracey ein großes Geheimnis, das auch bis zum Schluss nicht gelüftet wird und man sich eben selbst etwas ausdenken muss.
Leider ist der Roman viel zu kurz. Ich hätte noch ewig die Geschichten aus dem Alltag der beiden Mädchen lesen können, die Marsden so gekonnt in Szene setzten kann und die, auch wenn sie noch so banal sind, nie langweilig zu lesen sind.

Das Buch ist Englisch, doch ich fand es sehr einfach und verständlich geschrieben. Ich hab es fast in einem Rutsch gelesen. Nur ein, zwei Abkürzungen waren nicht ganz klar für mich, die sind aber nicht sehr relevant.

Marsden schreibt so, dass er dir die Sterne vom Himmel schreiben könnte und du es bis zum Schluss glauben wirst. Er hat Letters from the inside 1991 geschrieben. Noch nicht so lange her, wenn man bedenkt, und doch ist es eine komplett andere Welt. Briefe haben noch Gewicht. Sie wurden noch nicht von E-Mails und dem Internet vertrieben. Ich selbst liebe es Briefe zu bekommen und habe selbst früher regelmäßig Briefe an meine Cousine und zwei Freundinnen geschrieben, die alle drei in Deutschland wohnen und ich in Österreich. Ich hab sie alle aufbewahrt.

Das Ende ist mutig. Das Ende ist verstörend. Das Ende ist schockierend. Das Ende hätte besser nicht sein können. Ich hatte zum Schluss Tränen in den Augen, sogar einen kleinen gefühlten Herzstillstand. Das Ende ist komplett offen. Man erfährt nichts über den Ausgang von Tracey und Mandy und doch oder gerade deswegen wird mich das noch tagelang beschäftigen.

Fazit
 Ein scheinbar unscheinbares Buch in meinem Bücherregal und doch sollte es eines der größten und auffälligsten von allen sein. Ich empfehle es mit ganzem Herzen weiter und auch für die, die sich vom Englischen abschrecken lassen, auf Deutsch ist es sicher ebenso ein hervorragendes Buch!