Rezension

Libby ist eine tolle Protagonistin!

Stell dir vor, dass ich dich liebe - Jennifer Niven

Stell dir vor, dass ich dich liebe
von Jennifer Niven

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Libby war mal das dickste Mädchen Amerikas & ist heute noch stark übergewichtig, aber darf nun endlich wieder in die Schule. Jack ist Gesichtsblind, was jedoch keiner weiß & er auch alles dafür tut, um es geheim zu halten. Deshalb mobbt er Libby genauso wie seine Freunde es erwarten, denn Auffallen kann für Jack verhängnisvoll sein. Libby lässt sich das jedoch nicht gefallen & wehrt sich. Beide müssen daraufhin regelmäßig einem Gesprächskreis beiwohnen. Libby lernt was hinter Jack steckt. Jack lernt, dass Libby ein Vorbild für ihn sein könnte.

 

Schreibstil:

Die Geschichte wird aus den Sichtweisen von Jack & Libby geschildert. Es wird immer abgewechselt, wobei es auch Tagebucheinschübe & Co gibt. Der Schreibstil ist leicht poetisch & hatte so einige zitierbare Stellen gehabt.

„Das ganze Lächeln und Täuschen und Vorgeben, so zu sein, wie die Leute dich haben wollen. Das ist es, was dich isoliert. Das ist es, was dich kaputtmacht. Du musst endlich versuchen, ein echter Mensch zu sein.“ Seite 432

Dabei hatte ich allerdings manchmal das Gefühl, dass der Schreibstil sich kaum bei Libby & Jack unterscheidet bzw sie sich manchmal sehr ähneln. Den Satz „Im Sinne von ...“ habe ich bei beiden diverse Male gelesen. Vielleicht ist es ja eine Art Slang, aber eine klarere Trennung der beiden Sichtweisen durch den Stil wäre sicher schön gewesen. Ich muss sagen, dass ich auch so jedoch kein Problem damit hatte. Es ist mir nur aufgefallen.

 

Charaktere:

Die Charaktere erschienen mir realistisch. Sie hatten ihre starken & ihre schwachen Momente & Seiten. Man konnte sie & ihre Handlungen gut nachvollziehen, auch wenn man ihre Meinungen nicht immer geteilt hat.

 

Libby ist ein unheimlich starker Charaktere. Sie hat mich nachhaltig beeindruckt. Ein Vorbild für alle Leser. Obwohl das Leben ihr Steine in den Weg wirft & ihr Leben nie leicht ist, geht sie ihren Weg mit erhobenen Hauptes. Natürlich hat sie eine Entwicklung innerhalb des Buches durchgemacht, doch der Großteil ist schon vor dem Buchgeschehen passiert. Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn Jacks Geschichte interessanter fand. Teilweise weil ich Libbys Probleme annähernd persönlich kenne & teilweise auch weil sie schon so weit entwickelt war. Doch je weiter die Geschichte voran schritt, umso mehr Stärke hat Libby gezeigt & umso mehr hat ihr Charakter mich in den Bann gezogen.

 

Jacks Situation fand ich wie gesagt zu Beginn interessanter, da ich seine Krankheit bisher gar nicht kannte. Es war spannend zu lesen, wie jemand in das Mobbing als Täter hinein rutschen kann oder sich dafür entscheidet um sich zu schützen, obwohl er weiß, dass dies falsch ist & es eigentlich verurteilt. Doch seine Entwicklung hat mir nicht ganz so gut gefallen. Er war sehr lange nicht Entscheidungsfreudig. Kleine Babyschritte waren angesagt, bis hin zu einem extremen Rückfall. Seine Entwicklung ist also gegen Ende Full Circle gegangen & quasi am Anfang wieder angekommen. Erst der Schock der immer gleichen Fehler die er begangen hat, hat ihn wach gerüttelt & etwas verändert. Dementsprechend beginnt seine Entwicklung am Ende des Buches erst richtig. Das ist sicherlich eine realistische Entwicklung, da Rückfälle nun mal passieren. Aber für mich als Leserin wäre eine graduellere Entwicklung vielleicht interessanter gewesen, da das wirklich spannende ja quasi erst nach dem Buch geschehen wird.

Außerdem finde ich es etwas unrealistisch, dass Jack es geschafft hat seit seiner Kindheit seine Krankheit zu verbergen. Wirklich keiner in seinem Umfeld hat irgendwas gemerkt, obwohl sehr oft Situationen zustande kamen, bei dem seine Krankheit komisches Verhalten seinerseits hervorgerufen & ihn so auffällig gemacht hat. Vor allem als sechsjähriges Kind ist das Erkennen, dass dieser Zustand nicht normal ist & man es verbergen muss, allein schon so kompliziert, dass es mir abwegig erscheint, dass er das so gut verbergen konnte.

 

Plot:

Der Plot hat mir in dem Sinne der Selbstbeschäftigung der beiden gefallen. Sie haben sich ihren Problemen gestellt & ihren Weg gefunden. Das war wie gesagt nicht nur interessant, sondern in Libbys Fall regelrecht vorbildlich. Selbstfindung & Selbstakzeptanz sind wichtige Themen, die angemessen behandelt wurden. Einen übergewichtigen Protagonisten hat man leider nicht so oft & auch die Gesichtsblindheit war mir neu. Dementsprechend haben mich diese beiden Plotpunkte schon zum lesen verleitet & das Buch hat mich in dem Sinne auch nicht enttäuscht.

Nur die Liebesgeschichte war für meinen Geschmack zu wenig vorhanden. Die erste Hälfte des Buches hat die Liebesgeschichte eigentlich gar nicht existiert. Sie haben sich hier & da unterhalten, aber mir kam eigentlich nichts davon wie ein Flirt vor. Erst zur Mitte hin gibt es einen plötzlichen Umbruch, in dem Libby & auch Jack von einer Sekunde zur anderen auffällt, dass der jeweils andere doch irgendwie attraktiv ist. Dann ging aber auch alles von jetzt auf gleich. Sie kamen sich direkt näher, verbrachten einen Tag zusammen, hatten dann ein Date & das wars auch schon. Dann wurde wieder auf die Bremse getreten bis zum Schluss. Erst da wurde wieder die Romantik ausgepackt. Zwischendrin hat sich aber jeder wieder nur mit sich selbst beschäftigt.

Versteht mich nicht falsch, das was da war, war auch ganz süß. Aber für meinen Geschmack war es einfach etwas zu wenig & dann auch zu schnell von jetzt auf gleich. Das Ende war in der Hinsicht auch etwas zu übertrieben & unrealistisch. Ich mochte diese märchenhafte Entwicklung einfach nicht, weil es in die sonst so realistische Geschichte nicht gepasst hat. Mehr kann ich hier natürlich nicht sagen, weil ich sonst spoilern würde.

 

 

Fazit: Das mag jetzt alles so klingen als hätte ich viel an dem Buch auszusetzen. Warum dann also die 4 Sterne? Fakt ist, dass das Buch für mich nicht ganz perfekt war. Allerdings sind all diese Punkte Meckern auf hohem Niveau. Endlich gab es mal wieder eine übergewichtige Protagonistin, die nicht nur abnehmen muss & bloß auf ihr Gewicht reduziert wird. Und zudem ist sie noch ein großes Vorbild für Leser. Gerne habe ich das Ganze verfolgt & es hat mich nachdenklich gemacht. Deshalb kann ich das Buch absolut weiterempfehlen & habe 4 Sterne vergeben.

 

Hinweis: Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen.