Rezension

Licht gegen Finsternis

Die Kinder von Nebra - Ulf Schiewe

Die Kinder von Nebra
von Ulf Schiewe

Bewertet mit 5 Sternen

„...Soll sie ein einfaches, unbedeutendes Leben führen, wie andere Frauen einen Mann finden, Kinder gebären und damit zufrieden sein? Oder soll sie ihr Leben der Göttin weihen? […] Es ist die wichtigste Entscheidung ihres jungen Lebens, eine Entscheidung darüber, wer sie ist und wer sie sein will...“

 

Die 18järige Rana aus dem Volk der Ruotinger ist die Tochter des Schmiedes Utrik und der Priesterin Herdis. Herdis dient der Göttin Destarte. Momentan ist in Rana im Wald unterwegs und denkt über ihre Zukunft nach, was sich im Eingangszitat wiederfindet. Während sie im Fluss badet, erscheinen drei Männer. Einer von ihnen ist Arrak, der Sohn des regierenden Fürsten Orkon. Er ist ob seiner Unberechenbarkeit berüchtigt. Jetzt will er Rana. Zwei Männer aus dem Volk der Alben ermöglichen ihr die Flucht.

Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Er lässt mich tief in die Zeit vor circa 4000 Jahren eintauchen. Wir befinden uns in der Gegend von Saale und Unstrut.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist abwechslungsreich.

Ranas Vater ist weit in der Welt herumgekommen. Im Reich der Hethiter hat er Kenntnisse über die Astronomie erlangt. Die will er für die Nachwelt erhalten. Deshalb gestaltet er eine bronzene Scheibe mit goldenen Gestirnen.

Die Personen werden gut charakterisiert. Rana ist eine aufgeschlossene junge Frau, die bereit ist, eigene Wege zu gehen. Allerdings handelt sie manchmal schneller, als sie denkt. Ihren Bruder Arni charakterisiert sie so:

 

„...Arni ist ein ruhiger Mann. Er redet nicht viel, aber er scheint immer zu wissen, was er will...“

 

Seit Orkon der regierende Fürst ist, verlieren die alten Götter an Bedeutung. Er hat Hador in den Mittelpunkt gestellt, den Gott der Unterwelt. Der verlangt Menschenopfer. Sein Sohn Arrak ist das Kind einer Sklavin. Da Orkon aber von seiner Frau nur eine Tochter hat, gilt Arrak als sein Nachfolger. Der nimmt sich, was er will. Und momentan will er Rana – um jeden Preis. Einer der Klanherren warnt Orkon:

 

„...Ich sage dir, Orkon, dein verdammter Welpe ist eine Schande für dein Haus, er wird noch mal dein Untergang sein...“

 

Noch kann er nicht ahnen, wie sehr er recht hat.

Sehr detailliert wird das Leben der damaligen Zeit beschrieben. Dabei werden auch Gegensätze herausgearbeitet. So lebt das Volk der Alben nach den Regeln der Alten. Sie sind Jäger, keine Ackerbauern. Bei ihnen steht die Gemeinschaft im Mittelpunkt.

Die Herstellung der Himmelsscheibe darf ich genau verfolgen.

 

„...Bronze, wie Rana weiß, entsteht, indem man dem Kupfer Zinn beimischt. Was nicht einfach ist, denn beide Metalle schmelzen bei ganz unterschiedlicher Hitze...“

 

Als Rana zur Priesterin geweiht wird, hat sie ein Vision. Sie wird zur Gegenspielerin von Arrak. Es geht um den Kampf des Lichtes gegen die Dunkelheit. Während Arrak ohne Bedenken und Nachdenken handelt, resümiert Rana über ihr Tun:

 

„...Wie blauäugig ich doch war zu glauben, dass Widerstand ohne Gewalt überhaupt möglich ist, denkt sie. […] Es waren nur Worte, aber auch Worte können töten. Zumindest dazu verleiten...“

 

Eingeflochten in die spannende und stellenweise rasante Handlung sind ruhige Momente. Dazu gehören bildhafte Naturbeschreibungen.

 

„...Bienen wandern von Blüte zu Blüte, und im Hintergrund lässt sich ein Specht hören. Es riecht nach Erde und Harz, nach altem Laub und warmen Gras...“

 

Jedes Kapitel ist nach einem der Götter benannt. Danach wird er oder sie kurz kursiv beschrieben.

In beiden Umschlagseiten befindet sich ein Karte der damaligen Zeit.

Ein Nachwort trennt die Realität von der Phantasie des Autors.

Ein ausführliches Personenverzeichnis, eine Übersicht über die Klans und die Götter und ein Glossar ergänzen das Buch.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das Buch erhält eine unbedingte Leseempfehlung.