Rezension

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Liebe und Sehnsucht - ein absoluter Genuss

Maybe Someday
von Colleen Hoover

Bewertet mit 4 Sternen

In diesem Buch dreht sich alles um Musik und die ganz großen Gefühle. Und ich war süchtig ab Seite 1. Es ist mir ein Rätsel, wie Colleen Hoover das immer wieder – bis auf eine Ausnahme bisher – schafft. Ist es der humorvolle Schreibstil? Sind es die sympathischen Charaktere? Ist es diese spezielle Mischung aus beinahe schon kitschigem Herzschmerz und lebensnaher, bisweilen auch ernster Story? Wahrscheinlich von allem etwas.

Mich überzeugte “Maybe Someday” zumindest vom Fleck weg, wenn auch das Ende selbst für meinen Geschmack etwas zu sehr in Gefühlsduselei ausartete. Folgenden Vergleich vermerkte ich in meinen Notizen: “ein Buch wie Zartbitter-Schokoeis mit Karamellsoße”. Super lecker, aber am Ende einfach eine Spur zu süß.

Der Anfang war wohlig-sehnsuchtsvoll und gleichzeitig brach ich immer wieder in Lachen aus. Die ideale Kombination, wie ich finde. Die Story empfand ich weitestgehend als realistisch und nachvollziehbar. [Achtung, kleiner Spoiler im folgenden Satz.] Allerdings ist mir schleierhaft, wie Ridge, ein von Geburt an gehörloser Mann, ein derart musikalisches Talent besitzen kann. Hier wurde die Glaubwürdigkeit ein wenig überstrapaziert. Doch es erfüllt seinen Zweck: Denn was transportiert Gefühle ganz hervorragend? Natürlich Musik. Dadurch entsteht im Buch eine schöne Wechselwirkung, denn einerseits entsteht der Kontakt zwischen Ridge und Sydney über Musik, während parallel die Gefühle wachsen. Eine wunderschöne Kombination.

Schreibstil

“Ich drehe mich wieder um und sehe die beiden an, die beiden Hälften meines Herzens, eng zusammengekuschelt auf einem Lager der Ironie.” (Seite 271)

Bezeichnend für Colleen Hoover ist die amüsante und herzliche Sprache. Ihre Romane lassen sich mit enormer Leichtigkeit lesen. Sie schreibt sehr unverblümt und nimmt kein Blatt vor den Mund. Das mag ich sehr. In diesem Roman kam hinzu, dass ein Großteil der Kommunikation per Kurznachrichten, Chat oder Zeichen, Gesten und Mimik stattfindet. Ein spannendes Stilelement.

Auf den letzten 100 Seiten wiegt allerdings die melancholisch-gefühlvolle Bildsprache etwas zu schwer und verdrängt dadurch leider die Natürlichkeit. Ich hatte das Gefühl, als würde ich – um bei meinem ersten Bild zu bleiben – in Karamellsoße baden.

Charaktere

“Beruhige dich, Herz. Bitte. Ridge hat übersinnliche Fähigkeiten und wird durch die Vibration der Matratze spüren, wie du schlägst.” (Seite 127)

Hoover schafft es einfach, ihre Charaktere absolut liebenswert und authentisch zu entwerfen – das gilt sowohl für Ridge und Sydney, als auch für die Nebencharaktere. Alle sind angenehm reif, erwachsen und vernünftig und obwohl wir Zeuge großer Gefühle werden, blicken sie nie durch die sprichwörtliche rosarote Brille. Stattdessen gehen Ridge und Sydney äußerst ernsthaft und reflektiert mit ihren Gefühlen um. Das hat mich enorm angesprochen. Was mich störte war, dass Ridge ab und an einfach zu perfekt war. Manchmal wünschte ich mir etwas mehr – verzeiht diesen Bezug – Hardin in ihm. Ihr wisst was ich meine. Es war mir schleierhaft, wie ein Mann so gefühlvoll sein kann.

Bei den Nebencharakteren stach in meinen Augen insbesondere Warren hervor. Er gefiel mir außerordentlich und uneingeschränkt gut. Sein wahrer Charakter bleibt anfangs im Verborgenen und zeigt sich erst später vollständig – das war eine schöne Überraschung.

Fazit

Colleen Hoover kann es halt. Wenn es um große Gefühle und Sehnsucht sowie besondere Umstände geht, die eben jene Gefühle unmöglich machen, zählt sie einfach zu den Meistern. Dabei verliert sie nie den Humor aus den Augen und erweckt Charaktere zum Leben, die einem sofort nahestehen. Dieses Buch empfehle ich jedem, der gute Liebesgeschichten mag.