Rezension

Lieben und geliebt werden

Liebten wir
von Nina Blazon

Bewertet mit 3 Sternen

Die Welt und alle darin enthaltenen Gefahren erlebt Mo stets nur gefiltert durch das schützende Objektiv ihrer Kamera. Mit ihren Bildern entlockt sie ihren Mitmenschen jegliche Geheimnisse, deckt für andere gänzlich unbemerkte Verbindungen auf und schützt sich und ihre eigene düstere Vergangenheit dadurch im gleichem Maße. Denn nie ist der Photograph selbst im Bild zu sehen. Als dann ihr Freund Leon sie seiner Familie vorstellen möchte, ist sie fürchterlich zerrissen zwischen Freude und Angst. Von sich selbst kann und will Mo nichts preisgeben, aber dazugehören, einen echten, sich liebenden Familienverband zu haben, bedeutet alles für sie. Doch die harmonischen Familienbilder im Album der Kuznetsows trogen über die wahre Einstellung der Familie hinweg. Missgünstig und hinterhältig intrigierend ist Leons kleine Schwester, prüde die Tanten sowie Onkel und voller Vorbehalte sogar die Eltern. Das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte dann schließlich das Auftauchen von Mo´s älterer Schwester Danae, die sie vor der versammelten Familie bloßstellte und zur Krönung auch noch mit Leon schlief. Entsetzt flieht Mo vor den Trümmern ihrer Beziehung und klaut kurzerhand das Familienauto. Noch bevor sie aber verschwinden kann, springt Leons Großmutter auf den Beifahrersitz und lässt sich partout nicht mehr vertreiben. Auch sie will von den lieblosen Behandlungen ihrer eigenen Verwandten nur noch entkommen und so flüchten die schlecht zusammenpassenden Frauen gemeinsam. Die grantige ältere Dame stellt sich als Aino vor und bietet Mo an, ihr zu helfen, wenn Mo ihr im Gegenzug zur Überfahrt nach Finnland, Helsinki verhilft. Ohne eigene Pläne, was sie weiter tun könnte, gibt Mo nach und so beginnt für beide eine Reise in Ainos trauriger Vergangenheit, die voller unentdeckten und schrecklichen Geheimnissen zu stecken scheint. Doch die von schmerzhaften Einblicken behafteten Recherchen über das Leben Ainos während des zweiten Weltkrieges, zerren auch Mo´s Schreckensgeister ans Tageslicht bis schlussendlich alles erschreckend klar vor ihren Augen liegt.

Mit "Liebten wir" veröffentlichte Erfolgsautorin Nina Blazon ihren ersten Roman für Erwachsene und außerdem noch außerhalb ihres gewohnten Genres. Bekannt war sie mir schon lange, vor allem wegen ihrem zauberhaft schönem Schreibstil, den die Autorin auch hier im ausreichenden Maße zur Schau stellte, der Roman an sich jedoch packte mich leider weder mit Spannung, noch mit sonderlich sympathischen Charakteren. Lediglich auf den letzten Seiten, als es an die Enthüllungen ging, konnte ich das Buch dann doch nicht mehr aus den Händen legen. Diese Enthüllungen gingen mir dann sehr nahe, Mitleid und Mitgefühl konnten die tragischen Lebensgeschichten durchaus erwecken, bis dahin aber blieb viel davon auf der Strecke. Die Protagonisten handelten dabei zum Teil recht merkwürdig oder für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Sogar als es um die nachweisliche Ermordung einer Frau ging, wurde mehr über das daraufhin zerstörte Leben des Mörders nachgedacht, als empört darüber zur Polizei zu gehen. Zuletzt verwirrte mich das Ende des Romans sehr, denn es wirkte, wie wenn die Autorin mit aller Gewalt eine Brücke zwischen den ersten und letzten Seiten hat legen wollen, ganz gleich, ob es denn nun passt oder nicht. Es wirkt leider künstlich aufgesetzt und unlogisch, zumal alles bereits zu einem durchaus zufriedenstellenden Ende gebracht worden war. Nichtsdestotrotz habe ich "Liebten wir" gerne gelesen, aber es war bestimmt nicht Frau Blazons bestes Werk.