Rezension

Liebenswert und magisch, aber leider zu lang und etwas zu kitschig...

Die wundersame Mission des Harry Crane - Jon Cohen

Die wundersame Mission des Harry Crane
von Jon Cohen

Bewertet mit 3 Sternen

Harry Crane, ein bäumeliebender Forstbeamter, der sein Dasein hinterm Schreibtisch fristen muss, und das Mädchen Oriana haben einiges gemeinsam: sie lieben den Wald und sie haben zur selben Zeit einen geliebten Menschen verloren. Eines Tages begegnen sie sich durch Zufall – oder doch eher märchenhafte Fügung – im Wald, nahe Orianas Zuhause. Von da an beginnt für beide ein wundersames Abenteuer, welches ihnen helfen soll, ihre Trauer zu verarbeiten…

„Ein Roman, zartbitter, witzig und rührend schön, über Trauer und Verlust, über die Macht von Geschichten und die heilende Kraft von Bäumen – ein Roman, der sprüht vor Fantasie, Fabulierlust und ungebrochener Lebensfreude.“ (Zitat: Klappentext)

… ja, all das findet man tatsächlich in diesem Roman. Als besonders  schön habe ich bspw die Szenen im Wald und in der einsturzgefährdeten Bibliothek empfunden. An diesen Orten versteht es Jon Cohen eine zum Greifen nahe, magische Atmosphäre zu zaubern, die mich sehr berührt,  gefesselt und in diese Szenerie hineingezogen hat, so als wäre ich mittendrin. Aber auch immer dann, wenn es um die Trauerbewältigung geht, versteht es der Autor, liebevoll und behutsam mit diesem Thema umzugehen und einen Hauch von Magie hineinzubringen. Die unterschiedlichen Herangehensweisen an den Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen –aus der Sicht eines kleinen Mädchens, das an die Wunder von Märchen glaubt, aus der Sicht einer taffen, nahezu überforderten Witwe und der eines zu Tode betrübten Witwers – haben sich schön ineinandergefügt, ergänzt und mich wirklich berühren können.  Und dann gibt es noch so wunderbare Nebenfiguren wie die alte Bibliothekarin Olive, die man gern mal beim Pfeiferauchen beobachten kann oder den tollpatschig-liebenswerten und tüchtigen Ronny…  auch diese beiden müssen einen Verlust verarbeiten und versuchen einen Weg zu finden mit ihm zu leben.

Immer, wenn diese Themen im Fokus gewesen sind, habe ich das Buch sehr, sehr gern gelesen. Leider aber muss es in Märchen auch immer die Bösewichte geben ;) Und was diese in dem märchenhaften Roman betrifft, hat mich zumindest einer (der Immobilienmakler) sehr genervt und auch gelangweilt. Harrys Bruder Wolf hingegen hat für mich als „Bösewicht“ ein deutlich besseres Bild abgegeben, allein schon, weil man über  ihn viel mehr erfahren hat und auch ein bisschen nachvollziehen kann, was ihn an- und umtreibt.

Alles in allem hätte der Roman mindestens 100 Seiten weniger vertragen können. Gerade im zweiten Teil neigt Cohen sehr zu Ausschweifungen, die meiner Meinung nach überflüssig sind und mir das Weiterlesen sehr erschwert haben.

Fazit: Ein märchenhafter Roman mit vielen liebenswerten Charakteren, wunderschön atmosphärischen und auch sehr berührenden Szenen. Aber auch ein Roman, der ausschweift, sehr am Kitsch streift und mich streckenweise leider gelangweilt hat. Schade, hier wäre für mich weniger etwas mehr gewesen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 26. November 2018 um 11:02

Sehr nachvollziehbare Kritik! Langeweile ist allerdings d a s  Nogo überhaupt bei einem Buch.

Naibenak kommentierte am 26. November 2018 um 16:05

Danke dir :) In der Tat! Langeweile ist mies... zum Glück war es nur zeitweise so. Und eher zum Schluss hin ;)

LySch kommentierte am 28. November 2018 um 19:39

Aber Schlüsse sind auch ziemlich wichtig und da sollte es doch eher anziehen und nicht s-i-c-h z-i-e-h-e-n ^^
Schöne schlüssige Kritik, die mich darin bestätigt, dass ich richtig gehandelt habe, indem ich die Finger davon gelassen habe *grins*

Naibenak kommentierte am 29. November 2018 um 10:12

Hahaha...ja, LySchi, da hast du wohl Recht :D Die letzten 150 Seiten waren ein Mix aus Spannung (ja doch, "den" Showdown gab es! ;) ) und aber auch Ausschweifungen - und diese waren echt überflüssig *gähn* ;)