Rezension

Lieber Poseidon, ist Leona nun die Halbschwester von Percy Jackson? :D

Blut des Ozeans - M. J. Lightner

Blut des Ozeans
von M. J. Lightner

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dazugehören oder nicht dazugehören, im bunten Reigen der Halbgötter…… das ist hier die Frage. Eine Frage des Vertrauens und des Misstrauens.

Blut des Ozeans von M.J. Lightner

Es gibt Tage, da fühlt man sich fehl am Platz. Fehl am Platz unter den Menschen, fehl am Platz auf dieser Welt, fehl am Platz in seiner Familie. Nicht richtig. Nicht passend. Weil man anders ist, und die Leute automatisch Angst haben, vor allem, was andersartig ist. Sie scheinen sich unwohl zu fühlen, und lassen diese Angst an den andersartigen Menschen aus….. als Nichtakzeptanz.

Manchmal ist es schwierig, sich auf jemanden einzulassen, jemand der sagt, er sei ein Freund. Doch wenn wir diesen nicht selbst als Freund wahrnehmen und annehmen, dann bleibt dieser uns seltsam fremd, obwohl er doch vielleicht wirklich nur unser bestes will. Auch bei mehreren Personen. Wenn diese dann auch noch schweigen, und nicht miteinander kommunizieren, entstehen oft Missverständnisse, allein aufgrund dessen, dass Dinge nicht ausgesprochen, oder eben verheimlicht werden.

Das Einlassen auf jemanden ist noch schwieriger, wenn man von Menschen immerzu enttäuscht wurde. Es ist schwierig, wenn andere einen immerzu abgelehnt haben. Man weiß nicht, ob jemand der freundlich zu einem ist, es ernst meint. Man weiß nicht ob er etwas damit bezweckt, und man hinterfragt jede Freundlichkeit. Und manchmal, wenn man jemanden akzeptiert wie er ist, dann schleicht sich das Gefühl ein, dass er es doch ernst meinen könnte. Und genau dieses Ernsthafte, das möchte man dann auf keinen Fall verlieren. Was einen manchmal so sehr ängstigt, dass man doch wieder Distanz hält. Es ist schwierig zu erklären, warum ich dies schreibe, aber so ein wenig, hat es auch mit dieser Geschichte zu tun. Doch worum geht es sonst noch?

Die Geschichte, die das Buch erzählt:

Wo fange ich am besten an, ohne zu viel zu verraten? Da gibt es eine alte Prophezeiung, ausgesprochen von Kassandra, dem Orakel, Dienerin des Apollon im Tempel von Delphi. Diese Prophezeiung beinhaltet Halbgötter, die geboren werden, und verschiedene Dinge tun. Sie sind die Kinder von 12 Göttern, und eines dieser Kinder, soll gegen die Götter des Olymp aufbegehren, um diese zu stürzen, und die Macht zu übernehmen. Die restlichen Halbgötter sind dazu da, dieses Szenario zu verhindern, und den abtrünnigen Halbgott aufzuhalten. Dies erstmal im Großen und Ganzen.

Unsere Hauptprotagonistin ist Leona, 17, die als normales Mädchen in Sunnyvale lebt, auf die Highschool geht, und sich da mehr schlecht als recht durchschlägt. Sie ist ein Bücherwurm, und wird von nicht allen akzeptiert, ist ein wenig sonderbar, und fühlt sich zum Meer hingezogen. Wir ahnen es: Ziemlich bald kommt heraus, dass sie die Tochter von Poseidon ist, die von anderen 5 Halbgöttern gesucht und gefunden wurde. Denn nur mit der gemeinsamen Kraft der Halbgötter können sie dem abtrünnigen Halbgott entgegentreten. Und so wird Leonas „Mana“ erweckt, ihre göttliche Kraft, und sie begibt sich zusammen mit den anderen Halbgöttern auf eine Reise quer durch die USA, um die restlichen Halbgötter zu finden, und den Abtrünnigen aufzuhalten. Wer auch immer von ihnen dieser sein mag. Doch so einfach ist das nicht, denn Leona wird von Visionen heimgesucht, und von Alpträumen geplagt. Haben diese mit ihrer Aufgabe zu tun? Sollen sie ihr helfen? Ist sie in Gefahr? Oder gar alle? Schaffen sie am Ende, die dunkle Macht des Abtrünnigen aufzuhalten? Und dann sind da ja noch diese Zombies, Skiás genannt. Zombies weil…… ach…. Was es mit denen auf sich hat, lest mal selbst. Sie sind auf jeden Fall hinter den Halbgöttern her.

Das Cover:

hat tatsächlich mit einer Szenerie aus dem Buch zu tun, und stellt so ziemlich genau etwas Wichtiges im Buch da. Was genau, müsst ihr selbst herausfinden. Aber es ist etwas mehr, als einfach nur das Aussehen eines griechischen Tempels, das Meer, und Poseidons Dreizack, dessen Tochter Leona ja ist. Ein wenig komplexer ist das Ganze schon.

Fazit und Gedanken zum Buch:

Hier zeigen die Halbgötter, dass sie mehr sind, als nur die Kinder ihrer Göttereltern. Mir gefällt, dass die Halbgötter hier nicht als „Übermenschen“ dargestellt werden, was ja auch Blödsinn wäre, sind sie doch überhaupt nur zur Hälfte Mensch, aber das will ich damit gar nicht sagen. Sie mögen zwar alle äußerlich schön und „göttlich“ aussehen, doch sind alle menschlich im Sinne davon, dass sie ihre Probleme haben, alle ein wenig als Sonderling abgestempelt werden, und von der Gesellschaft, oder den Menschen um sich herum nicht so ganz akzeptiert werden. Kurz gesagt, sie sind irgendwie „Freaks“. Aber aus der Sicht eines Freaks und Sonderlings, ist das natürlich nichts Schlimmes. Das Buch sagt auch aus, dass wir als Individuum immer auch individuell sind. Die Halbgötter haben zwar die Fähigkeiten ihrer Eltern, aber sie SIND nicht ihre Eltern, sondern eigenständige Individuen, was recht schön ausgearbeitet ist. Denn wirklich jeder der 12 Halbgötter ist anders, sowohl charakterlich, als auch von seinen Fähigkeiten. Alle tun sich gegenseitig gut, wahrscheinlich, weil sie das erste Mal im Leben sie selbst sein dürfen, und sich nicht verstellen müssen, oder ihre Fähigkeiten vor der Welt verstecken. Das gibt ein Gemeinschaftsgefühl, das gibt Sicherheit untereinander.

Doch das Buch erinnert auch an die vielen Menschen auf der Welt, die einzigartig sind, und ihre Einzigartigkeit mit niemandem teilen können, keine Freundschaften finden, und allein damit klarkommen müssen. Niemand finden, der so besonders ist wie sie. Und die wegen ihrer Besonderheiten einfach nur von der Welt, und den Menschen, die das nicht verstehen, niedergemacht werden, und daran zerbrechen, oder rachsüchtig werden. Das Buch zeigt auf, welche Formen von Alleinsein es gibt. Man kann unter seiner Familie leben, und allein sein, aber auch Menschen vermissen, die man vorher gar nicht gut kannte, die aber zum Lebensmittelpunkt werden, und ohne die man nicht mehr bestehen kann. Alleinsein in der Form, dass wir ausgegrenzt werden, und niemand haben, der an unserer Seite steht. Und selbst in Gruppen, in denen wir Geborgenheit finden, können wir ab und an allein sein. Wer immer allein ist, verbittert mit der Zeit.

Die Halbgötter sind anders. Und alles was anders ist, wird von uns Menschen nicht so gut akzeptiert. So hat jeder Halbgott seine Geschichte im Buch, und die ist meist tragisch, traurig, oder einfach nur so, dass man denkt, wie unfair das Leben und das Schicksal doch ist. Doch auch der Umstand, dass alle einen göttlichen Elternteil haben, der nicht direkt bei ihnen ist, zeugt davon, dass sie alle aus mehr oder weniger Familien kommen, die nicht ganz so sind, wie wir uns perfekte Familien vorstellen. Alleinerziehende Mütter, Kinder von Affären…. All das ist das, was uns griechische Götter in ihren Geschichten schon immer hinterlassen haben, wenn man es so sehen will. Und auch hier ist es nicht viel anders. Und auch wenn die Götter ihre Kinder lieben, so ist eines eben gewiss………… sie sind nicht da, um ihre Kinder aufwachsen zu sehen. Diese Einsamkeit, und Verwirrtheit der Kinder gipfelt darin, dass sie sich im Team der Halbgötter als Gruppe sehen, und diese Gruppe als ihre Familie ansehen, was ja lustiger Weise auch im gewissen Maße stimmt, wenn wir die Familienverhältnisse der Götter anschauen (jaja, irgendwie ein bisschen strange, was da so im alten Griechenland abging :D). Und genau das ist es, was mir am Buch so sehr gefällt.

Das Verhältnis der Protagonisten untereinander ist wohl der schönste Umstand, und gibt einem das schöne Gefühl von Zugehörigkeit mit. In einer Welt, in der die Halbgötterkinder sich meist NICHT zugehörig fühlen. Eben wegen ihrer Andersartigkeit. Das Problem der eigentlichen Distanz zu den Göttern, fällt mir hier im Buch auf. Ähnlich, wie beim guten Percy Jackson. Die Götter, die Kinder haben, die aber nur quasi eins von vielen sind, und nicht mit ihren Eltern leben können, da diese ja Götter sind. Irgendwie hat mich das schon immer traurig gemacht, obwohl dieses Schicksal ja auch irgendwie klar ist. Doch zeigt es auch, wie die Götter gelebt haben, und wie wild sie in ihren Handlungen waren. Das macht sie zwar nicht gerade sympathischer, aber auch interessanter. Und hey. Immerhin wäre Leona damit als Tochter des Poseidon irgendwie die Schwester von Percy Jackson, dieser dann quasi irgendwie in weiblich :D

Doch da ist diese Dunkelheit, die die Götter vernichten will. Wegen dieser müssen alle Halbgötter zusammenfinden, um stark genug gegen die Dunkelheit, einen Abtrünnigen, zu sein. Zombiewesen werden erweckt, die den Halbgöttern auf die Spur kommen, und sie heimlich jagen und vernichten sollen. Und wofür das Ganze? Da ist natürlich mal wieder jemand, der die Götter stürzen will, um die absolute Macht über den Olymp zu bekommen. Jaja. Größenwahn mal wieder. Oder doch etwas Anderes? Neid? Missgunst? Frust? Wut? Oder RACHE? Doch wofür, und warum? Erfahrt es :)

Das Buch hat seine Momente. Gefühle, Kämpfe, Geschichten, Emotionen, und einfach nur Szenerien, die wirklich schön und tragisch beschrieben sind. Manchmal fühlt man sogar durch das Buch hindurch die Melancholie der griechischen Tragödien, und der Mythologie, die auftauchen, und einen kapitelweise in einen Bann ziehen. Wer Göttergeschichten mag, wird Ähnlichkeiten zu anderen finden. Wer noch keine gelesen hat, kann gerne hier bei dieser beginnen. Doch alles in allem hat die Geschichte Potenzial, und gerne würde ich in Zukunft weitere Bücher und Geschichten von der Autorin entdecken und lesen können. Das einzige, was mich ein wenig gestört hat, das war, dass alles aus der Sicht von Leona erzählt wurde. Das ist vielleicht für die Geschichte nötig, denn sie ist die Hauptprotagonistin. Aber gerne hätte ich auch mal einen Gedankenstrang der anderen Halbgötter erfahren. Das ist vielleicht für die Geschichte nicht ungemein wichtig, mir sind in Büchern aber Charaktere immer sehr wichtig. Und denen muss ich mich nahe fühlen, um mit ihnen die Abenteuer bestehen zu können. Ansonsten hat mir die Geschichte sehr gut gefallen. Auch die Verwicklungen in die griechische Mythologie, und dass wir einiges darüber lernen können. Leona war mir kurz fremd. Vielleicht lag es daran, dass sie ihrer Gruppe, die es eigentlich alle gut mit ihr gemeint haben, seltsam distanziert gegenüber war, und so mir irgendwie auch. So ist die eigentliche Hauptfigur des Buches nicht meine Lieblingsfigur geworden, sondern jemand aus dem Kreis ihrer Halbgötterfreunde.

Das Ganze ist im Grunde genommen wie eine große Fahrt von Jugendlichen, und bei dieser sind wir dabei. Diese Suche der Halbgötter nacheinander ist ein Bestandteil der Geschichte. Positiv war die Fahrt an sich, weil sie mal wieder Träumereien geweckt hat, einfach in ein Auto zu steigen, und mit Freunden Abenteuer zu erleben. Was momentan so nicht möglich ist. Mir gefällt diese Szenerie des Herumreisens quer durch die Staaten, dem Übernachten in irgendwelchen alten Häusern oder Hotels, und der damit verbundenen…. Ja, irgendwie…. Freiheit? Und vor allem die Szenerie des Zusammenwachsens als Gruppe und Team……. Und eventuell mehr. Gehört Leona also dazu oder nicht? Gibt es auch hier Akzeptanz? Selbst dort wo Leona eigentlich dazugehört fühlt sie sich ausgegrenzt und nicht zugehörig, wie eine Fremde unter eigentlichen Bekannten, weil selbst in diesem Kreis noch besonders. Doch Misstrauen führt dazu Geheimnisse zu haben, nicht mit den anderen darüber reden zu wollen. Eben WEIL man ihnen nicht vertraut, und denkt, sie wollen vielleicht nichts mit einem zu tun haben, weil man so anders ist. Dabei machen sie sich vielleicht nur Sorgen? Doch Leona ist in allem erstmal alleine, obwohl sie nicht alleine ist. Sie sucht sich ihre eigene Einsamkeit aus, obwohl sie es nicht müsste. Und das birgt Gefahren. Nicht nur für Leona, sondern für das gesamte Team. Sie sind alle zusammen, und doch fühlt sich Leona allein, da ist ein Gefühl der Einsamkeit, und dies unter Gleichgesinnten. Also kämpft sie auf ihre Art um die Akzeptanz der anderen. Sich auf jemanden einzulassen, und ihm zu Vertrauen, ist schwierig. Nicht mal unbedingt immer in der Liebe, auch bei Freundschaften. Der Mensch, alle Individuen, brauchen Vertrauen. Doch was ist, wenn wir einfach so mit Menschen in ein Abenteuer geworfen werden, die wir vorher nicht kennen, ihnen aber auf einmal vertrauen müssen, weil sie die einzigen sind, die für das Fortschreiten unserer eigenen Lebensgeschichte wichtig sind? Aber es ist nicht nur eine Frage nach dem Vertrauen gegenüber einer neuen Gemeinschaft von Menschen, die alle nur eine Sache verbindet, nämlich, dass sie alle Halbgötter sind. Es ist auch eine Suche nach sich selbst, und die Frage nach dem, wer man eigentlich wirklich ist, und dass man nicht derjenige ist, der man glaubte, sein ganzes Leben lang zu sein.

Es gibt viel zu lernen über die griechischen Götter, genauer gesagt die wichtigsten Götter im alten Griechenland. Anspielungen auf diese, und auf die griechische Mythologie, sind sehr schön in der Geschichte verwoben. Die Idee, dass sich zum Beispiel in der Augenfarbe der Halbgötter erkennen lässt, von welchem Gott sie abstammen, fand ich sehr toll. Oder auch das fröhliche Symboleraten, welches Symbol zu welchem Gott gehört. Aber auch andere Gottesanspielungen und Vermischungen in Namen der Charaktere sind sehr gut gelungen.

Und das hat mir besonders Spaß bereitet. Es ist tatsächlich so, wie in den alten Mythen um die Götter, in den alten Legenden, in denen diese auf die Erde kamen, um die Menschen zu verführen. Meist mit etwas, das für diese unwiderstehlich war. Und so kamen dann auch damals die Halbgötter auf die Welt. Aphrodite verführt einen Modedesigner, der wahrscheinlich von ihrer Schönheit umgehauen wurde. Und Zeus verführt eine sehr religiöse Frau. Der Gott aller Götter, eine Frau, die an den einen Gott glaubt. Welch Ironie. Artemis die Göttin des Waldes hat sich einen Mann auf einer Farm ausgesucht. Demeter, die Göttin der Natur und Ernte und des Lebens einen Landschaftsgärtner. Und die gute Athene hat sich einen Menschen mit viel Wissen geangelt, der heute ein Museum leitet. Und das ein oder andere Mal ist mir vielleicht auch ein Pegasus begegnet :D

Und somit erhält das Buch 4,5 Sterne für die wundervolle Geschichte, die einen tief eintauchen lässt in die griechische Mythologie……… oder eben auch in den Ozean….hoffentlich ganz ohne Blut :)

Und weil Augen und ihre Farben hier eine besondere Bedeutung haben, und Leona ja quasi die Augen eines Ozeans hat, in ihrer Farbe, heute mein, für mich zumindest passendes, Rezensionslied:

„I've been watching you……..for some time.
Can't stop staring……………….at those oceans eyes.
Burning cities……………………..and napalm skies.
 Fifteen flares inside……………those ocean eyes………..Your ocean eyes.“