Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Liebesgeschichte im Märchen-Kleid

Cinder & Ella - Kelly Oram

Cinder & Ella
von Kelly Oram

Der Inhalt...

Bücherverrückt, hübsch, charismatisch, beliebt – so hätte sich Ella bestimmt früher betitelt. Doch seit einem tragischen Unfall, bei dem ihre Mutter starb, ist alles anders. Ella zieht zu ihrem Vater und dessen neuer Familie in einen anderen Bundesstaat, weit weg von ihren Freunden, ihrem alten Leben und ihren Büchern. Der einzige Lichtblick: Cinder, Ellas Internetbekanntschaft. Die beiden haben sich durch ihren Buch-Blog kennen- und lieben gelernt. Cinder macht Ellas erste Zeit an der neuen Schule halbwegs erträglicher. Doch dann kommt alles anders als geplant und das Chaos nimmt seinen Lauf...

Meine Meinung...

Angelehnt an das Märchen Aschenputtel entführt uns Kelly Oram in die Welt von Ella. Ella ist seit einem Unfall mit Narben übersäht und muss an einem Gehstock geklammert laufen, um sich überhaupt auf den Beinen halten zu können. Mir hat Ella vor allem zu Anfang sehr gut gefallen. Ella wirkte nach Außen hin tough, unnahbar und kühl. Sie hat trotz ihrer tragischen Vergangenheit nicht den Kampfgeist und ihren Humor verloren. Man merkt natürlich schnell, dass hinter ihrer coolen Fassade, ein gebrochener Mensch steckt. Und genau DAS machte Ella in meinen Augen so authentisch und real. Ella muss mit vielen Veränderungen umgehen: Da haben wir zunächst ihren Vater aka „Ich-hab-mich-vor-Jahren-aus-dem-Staub-gemacht“. Im ersten Moment hat man wenig Sympathien für ihn. In mir drinnen brodelte das Wort „Rabenvater“, das unbedingt ausgesprochen werden wollte, doch halt – man sollte bei Ellas Dad nicht zu schnell urteilen, vor allem weil er sich sichtlich Mühe gab, seine Fehler wieder gut zu machen. Seine beiden Stieftöchter Juliette und Ana konnte man zunächst mit einem Wort beschreiben: Grässlich! Zwei verzogene, oberflächliche und zickige Mädchen, die hübsch und beliebt waren und die gesamte Schule unter Kontrolle hatten. Doch auch hier lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen... Mit Jennifer, der neuen Ehefrau von Ellas Vater bin ich bis zum Schluss nicht warm geworden. Ich fand, dass sie zu viel Raum in der Geschichte eingenommen hat. Vor allem ihre tragische „Storytime“ am Ende, fand ich leider zu viel des Guten und schlichtweg unnötig. Ich schätze da wollte Kelly Oram noch ein wenig Drama mit ins Buch bringen – bei mir vergebens. Da hätte ich mir lieber noch einen stärkeren Blick auf die Stiefschwestern oder Kaylee gewünscht. Apropos Kaylee: Das blonde und machtgierige Sternchen vom roten Teppich hat ja für ordentlich Wirbel in der Geschichte gesorgt. Puh! Ich glaube, wenn ich so eine Kaylee in meinem Leben hätte würde ich schnellstens die Biege machen! Der arme Cinder tat mir ganz schon leid, wie er unter ihren Fittichen (und denen des Managements) stand... Wo wir auch beim zweitwichtigsten Charakter angekommen wären: Cinder. Oder eher Brian. Ich mochte ihn ab dem ersten Moment an! Ich gebe es ungern zu, aber ich mag männliche Buchcharaktere, die ein großes Ego haben und Sprüche klopfen. Mal ehrlich, wer mag Männer mit Selbstbewusstsein denn nicht? Und wenn sie dann auch noch einfühlsam und emotional wie Brian sind. Hach! Ich mochte die Gespräche zwischen ihm und Ella wahnsinnig gerne. Sowohl bei den Telefonaten, als auch bei den Chats haben die Funken nur so gesprüht. Kelly Oram hat hier einen guten Job gemacht und eine schöne und knisternde Atmosphäre zwischen den beiden erschaffen. Auch wenn ich mir fast noch mehr solcher Gespräche gewünscht habe (vor allem per Chat und Mail - ich liebe Email-Romane!).

Mit manchen Charakteren bin ich leider nicht warm geworden: Rob war für mich ein wandelndes Störbild. Ich war mir nie so ganz sicher, ob man ihm trauen kann. Außerdem war ich irritiert darüber wie einfach er mit Ella auf die Freunschafts-Base gewechselt ist. Ich traue dem Braten immer noch nicht... Auch Vivian war so eine Nummer. Ihren Charakter fand ich außergewöhnlich und cool. Vivien war anders, knallig und tough. Vor allem fand ich es toll, dass sie Ella so unterstüzte und aus ihrer Komfortzone holte, aber die Freundschaft der beiden hat mir trotzdem etwas sauer aufgestoßen. Vielleicht interpretiere ich auch zu viel rein, aber ich finde die Message alá „Freak und Freak gesellt sich gerne“ unpassend. Ich hätte es passender gefunden, wenn Ella zunächst in den Freundeskreis der Stiefschwestern eingebunden worden wäre und dann Vivien kennengelernt hätte.

Die Anspielungen auf das Märchen Aschenputtel waren wirklich gelungen. Die Namen der Hauptprotagonisten, die „bösen“ Stiefschwestern, die Schuh-Szene – ein Hauch Cinderella war immer vorhanden und hat sich gut in die Geschichte eingefügt. Auch wurden viele Situationen im Buch sehr realitätsgetreu gezeigt. Das Auf und Ab von Ellas Gefühlen, die Situation in der Schule und die Hänselei ihrer Mitschüler, die Blicke... All das passiert alltäglich Millionen von Menschen, die nicht wie der „Durchschnitt“ aussehen und handeln und deswegen ausgegrenzt und geärgert werden. Ein wichtiges Thema das hier angesprochen und thematisiert wir.

Was mich minimal gestört hat waren die Phrasen, mit denen zum Teil um sich geworfen wurde. „Wahre Schönheit kommt von innen!“ oder „Du musst dich selber lieben, damit dich andere lieben können!“. Die Message ist ja wahr und richtig so, aber ich hätte mich gewünscht, dass das ganze etwas anders verpackt worden wäre, anstatt die schon x-Mal in anderen Büchern gelesenen Phrasen durchzukauen.

Das Fazit...

In den Grundzügen ist es eine süße und etwas andere Liebesgeschichte mit genau dem richtigen Maß an Märchen! Allerdings blieb mir das Buch etwas zu sehr an der Oberfläche und hat sich Phrasen und Stereotypen zu Nutze gemacht – auch wenn die Message dahinter gut gemeint und richtig ist. Da hätte ich mir an der ein oder anderen Stelle allerdings mehr Innovation gewünscht.