Rezension

Liebesgeschichte mit Wissenschaft und ein paar Längen

Die Seelen der Nacht - Deborah Harkness

Die Seelen der Nacht
von Deborah Harkness

Bewertet mit 4 Sternen

"Die Seelen der Nacht" von Deborah Harkness ist der Auftakt der "All Souls"-Trilogie und meiner Meinung nach eigentlich ein wirklich gelungener Roman, mit viel Gefühl, einer schönen Liebesgeschichte, einer interessanten Handlung...und viel zu vielen Seiten.

Zum Inhalt: Diana Bishop ist eine amerikanische Historikerin. Schon als Kind hat sie sich nach dem frühen Tod ihrer Eltern von ihren Fähigkeiten als Hexe distanziert und versucht seitdem ein möglichst Magie-freies Leben zu führen. Im Rahmen ihrer Forschung in Oxford stößt sie auf ein altes Manuskript, das mit einem starken Zauber belegt ist. Auch wenn Diana damit eigentlich nichts zu tun haben will, kann sie daraufhin ihre Herkunft nicht länger verleugnen. Denn ihr Fund hat in der Welt der Hexen, Dämonen und Vampire Aufmerksamkeit erregt und plötzlich lauern die Wesen ihr überall auf. Unter ihnen ist auch Matthew Clairmont, Professor für Biochemie und ein steinalter, aber sehr attraktiver Vampir, zu dem sich Diana wider besseren Wissens stark hingezogen fühlt...

"Die Seelen der Nacht" beinhaltet eine wirklich interssante Geschichte. Es ist spannend zu verfolgen, wie Diana ihre eigenen Fähigkeiten, ihre Vergangenheit und auch die Bedeutung des verzauberten Manuskripts, auf das alle so scharf sind, entschlüsselt und gleichzeitig eine Beziehung zu Matthew aufbaut, der, so modern er sich auch manchmal gibt, doch aus einer ganz anderen Welt stammt und andere Werte verfolgt, als Diana selbst. Natürlich gibt es dadurch reichlich - und teilweise auch recht amüsante - Konflikte zwischen den beiden starken Protagonisten.

Diese Liebesgeschichte zwischen Hexe und Vampir steht trotz aller Fantasy/Mystery-Elemente im Mittelpunkt des Romans. So kommt die Handlung mit recht wenigen wirklich spannenden oder actiongeladenen Abschnitten aus, und legt stattdessen ein viel stärkeres Augenmerk auf die Gefühleebene, die Entwicklung der Beziehung und die romantischen Momente zwischen Matthew und Diana. Die Spannung habe ich aber dennoch nicht vermisst, denn die Liebesgeschichte ist wirklich schön und auch der Rest der Handlung, die viele wissenschaftliche Elemente beeinhaltet und sich viel mit (bio)chemischer und historischer Forschung mit dem Schwerpunkt Alchemie beschäftigt, wirkt ausgreift, ist interessant und vor allem auch sehr umfangreich und detailverliebt geschildert.

Außerdem sind die Charaktere allesamt sehr gelungen, ob nun Diana und Matthew selbst, oder die mehr oder weniger wichtigen Personen drum herum. Diana ist dabei durch ihre auf der einen Seite selbstbewussten, auf der anderen Seite - gerade wenn es um ihre Magie geht - sehr unsicheren Art ein interessanter und vielseitiger Charakter, ebenso wie Matthew, der viele Geheimnisse hat und sich nur ungern in die Karten schauen lässt. Nach dem sehr offenen Ende dieses ersten Teils, der für Diana noch nicht ganz die Entwicklung mit sich brachte, die ich eigentlich bereits nach etwa der Hälfte des Romans erwartet hatte, bin ich auch wirklich schon sehr gespannt auf die weiteren Teile, denn es bleiben viele Fragen offen.

Eine Schwachstelle hat diese Geschichte für mich allerdings. Ich habe kein Problem damit, ein 800 Seiten dickes Buch zu lesen - wenn es denn auch eine Handlung und eine Entwicklung der Geschichte gibt, die diesem Umfang auch nur im entferntesten gerecht werden kann. Das ist meiner Meinung nach bei "Seelen der Nacht" nicht der Fall. Ich denke, man könnte diese Geschichte ebenso gut in nur 600 Seiten erzählen, ohne dass auch nur eine einzige Information, ein einziges Detail fehlen würde, und wahrscheinlich auch noch in 400 Seiten ohne wirklich essentielle Szenen und Informationen wegzulassen.

Auf der einen Seite mochte ich den detailverliebten Schreibstil der Autorin nämlich, da er eine ganz besondere Atmosphäre erzeugte und mir auch die beiden Protagonisten sehr nahe brachte - ich konnte mich wirklich sehr gut einfühlen. Auf der anderen Seite ist Detailverliebtheit aber nicht gleichzusetzen mit einer hohen Anzahl an Wiederholungen. Davon gibt es einfach zu viele. Es geht oft um Geschmäcker, Gerüche, Essen und vor allem um Weine. Beim ersten Mal sind diese Informationen interessant und liefern wichtige Details zum Kennenlernen der Charaktere, beim zweiten Mal helfen sie vielleicht noch, diese Eigenarten besser zu verinnerlichen. Bei jeder weiteren Wiederholung fängt es aber leider irgendwann an zu langweilen und in "Die Seelen der Nacht" wurden manche trivialen Details so oft wiedergegeben, dass ich zum Schluss zwischenzeitlich nicht nur gelangweilt, sondern auch genervt war.

Mein Fazit: Eine schöne Liebesgeschichte zwischen einer Hexe, die keine sein will, und einem charmanten Vampir. Schön und mit viel Liebe zum Detail geschrieben und mit einer ausgreiften Handlung voller wissenschaftlicher Informationen und immer neuer Ideen. Durch das spannende Ende will ich auf jeden Fall weiterlesen, auch wenn sich die Spannung manchmal in zu vielen Kleinigkeiten und Wiederholungen verlor, die eine Kürzung des Romans allmal gerechtfertigt hätten. Eine Leseempfehlung für alle, die eine romantische Liebesgeschichte und nicht zu sehr die spannende Fantasy suchen. 4 von 5 Sternen.