Rezension

Lieblingsbuch 2018

Verzeichnis einiger Verluste - Judith Schalansky

Verzeichnis einiger Verluste
von Judith Schalansky

Bewertet mit 5 Sternen

In ihrem großartigen Verzeichnis einiger Verluste erzählt Judith Schalansky von einem untergegangenen, paradiesischen Atoll, von der Einsamkeit einer Hollywood-Ikone, von zerstörten Gebäuden und Enzyklopädien, vom Verschwinden eines Mondkartenzeichners und einer ganzen Weltreligion, von nicht mehr auffindbaren Einhörnern, Tigern und Liebesliedern.

Ein poetischer Erzählband in zwölf Akten, der nicht fabulierender, präziser und philosophischer daherkommen könnte. Der Verlust als Beginn einer Geschichte, das Verschollene als Ausgangspunkt der Fantasie. Und zu jeder Zeit entsteht an jedem Ort etwas Neues, das früher oder später wieder verschwinden wird. 

Die schwarz auf schwarz ins Buch gedruckten Illustrationen, die sich nur bei rechtem Lichteinfall zu erkennen geben, und die fein durchbrochene Covergestaltung machen diesen Erzählband auch visuell zu einem Kunstwerk. Die versammelten literarischen Erkundungsreisen zu den überschriebenen Stellen unserer Landkarten, zu verschollenen Kunstschätzen und verschwundenen Arten lassen jeden Verlust gegenwärtiger erscheinen als alles Anwesende. So beschwören sie auf fabelhafte Weise die tröstende Kraft der erinnernden Erzählung. Für mich die schönste Lektüre des Jahres.