Rezension

Liegt ein alter Fluch auf Sorrow?

Herz aus Glas - Kathrin Lange

Herz aus Glas
von Kathrin Lange

Bewertet mit 3 Sternen

Julis Vater ist Autor, doch mit seinem neuesten Buch will es nicht vorangehen. Deshalb will er die Winterferien im Haus seines Verlegers Jason auf Martha’s Vineyard verbringen. Er bittet Juli, ihn zu begleiten, um sich ein wenig um Jasons neunzehnjährigen Sohn David zu kümmern. Dessen Verlobte ist vor wenigen Wochen gestorben, und nun ist er vermutlich selbstmordgefährdet. Juli stimmt widerwillig zu. Auf Martha’s Vineyard angekommen muss Juli feststellen, dass David es ihr ganz und gar nicht einfach macht, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Außerdem scheinen in Jasons Haus „Sorrow“ ziemlich merkwürdige Dinge vorzugehen, die mit einer alten Legende über ein Schiffsunglück zusammenhängen…

Das Buch beginnt gleich mit der Ankunft auf Martha’s Vineyard und berichtet nur kurz davon, wie Juli von ihrem Vater zu dieser Reise überredet wurde. Juli ist von Anfang an nicht sonderlich begeistert, macht sich aber auch Sorgen um David und möchte ihrem Vater seinen Wunsch nicht abschlagen. Durch ihre aufgeschlossene Art wurde sie mir rasch sympathisch. Doch gleich beim ersten Wiedersehen mit David muss sie feststellen, dass ihre Aufgabe, ich auf andere Gedanken zu bringen, eine ziemlich schwierige ist. Ich war neugierig, wie sie sich schlagen wird.

Davids Art fand ich von Beginn an ziemlich kratzbürstig. Natürlich versteht man, dass der Tod seiner Verlobten ihn schwer getroffen haben muss, das ist aber noch lange kein Grund, sich Juli gegenüber so gemein aufzuführen. Wie Juli unter diesen Bedingungen beginnen kann, Gefühle für ihn zu entwickeln, wurde mir als Leserin leider nicht richtig klar. Allmählich beginnt David, seinen weichen Kern zu zeigen, doch richtig warm bin ich mit ihm während der gesamten Geschichte leider nicht geworden.

Während Juli versucht, Zugang zu David zu finden, geschehen merkwürdige Dinge auf Sorrow. Eisige Luftzüge und flüsternde Stimmen lassen Juli an ihrem Verstand zweifeln. Hat die verunglückte Madeleine tatsächlich einen Fluch ausgesprochen? Allgegenwärtig ist ebenfalls Charlie, über deren Todesumstände David sich aber ausschweigt. Das Potenzial war definitiv da, doch ich empfand den Spannungsbogen als recht flach. Die merkwürdigen Vorkommnisse wirkten auf mich lange Zeit so, als würde sich jemand einfach einen bösen Scherz erlauben. Das Gruseln blieb daher bei mir aus. Auch dass Charlie immer wieder erwähnt wird, man lange Zeit aber kaum mehr über sie und ihren Tod erfährt, hat mich ungeduldig gemacht. Schön gefunden hätte ich Rückblicke über Charlie, um besser aus erster Hand einschätzen zu können, was für ein Charakter sie gewesen ist.

Nach einem zähen Mittenteil begannen die Ereignisse im letzten Drittel des Buches, interessanter zu werden. Das Tempo wurde angezogen und es kam zu dramatischen Szenen. Dass wichtige Personen einfach immer im entscheidenden Moment auftauchen und eine Vielzahl der Charaktere eine akute Selbstmordgefährdung entwickeln, hat meinen Lesespaß aber auch hier ein wenig gedämpft. Die letzten Seiten haben mich dann aber nochmal mitreißen können, sodass ich das Buch mit einem positiven Gefühl beendete.

„Herz aus Glas“ zeichnet sich durch eine sympathische Protagonistin aus, deren Gefühle ich leider nicht ganz nachvollziehen konnte. Der Spannungsbogen war recht flach und so konnte das Buch mich erst im letzten Drittel packen. Wer Jugendbücher liest und auf der Suche nach einer Liebesgeschichte mit Dramatik und ein wenig Mystery ist, für den könnte dieses Buch interessant sein.