Rezension

Lina *****

Der Milchhof – Das Rauschen der Brandung -

Der Milchhof – Das Rauschen der Brandung
von Regine Kölpin

Bewertet mit 5 Sternen

Linas Vater sieht in Thees Bleeker den idealen Mann für Lina: als zweiter Sohn des Ziegeleibesitzers wird er den Familienbetrieb nicht übernehmen, aber eine gute Partie für Lina sein und gemeinsam mit ihrem Vater den bäuerlichen Milchhof in eine moderne Molkerei umwandeln. Während Thees sich jedoch kaum für Milch, Butter und Käse interessiert, schlägt Linas Herz für das traditionelle Handwerk – und bald auch schon für den frisch eingestellten Obermeier Dirk Voigt. Als verheirateter Frau bleibt Lina nur die fachliche Zusammenarbeit mit Dirk, aber selbst das wird zur Jahrhundertwende nicht gern gesehen. „Een Frau gehört in de Kök“ und nicht in einen Betrieb, der sollte den schlauen Köpfen der Männer überlassen werden.

Der Auftakt zu dieser wundervollen Milchhof-Saga umfasst die Jahre 1890 bis 1914, schildert die Zeit des aufstrebenden Hofs bis hin zum Ersten Weltkrieg. Schauplatz ist der Hafenort Ellenserdammersiel in der Friesische Wehde, einer idyllischen Landschaft an der Küste des Jadebusens. Schnell freundet sich der Leser mit der warmherzigen und lebenslustigen Lina an und fiebert mit ihr mit, wenn das Schicksal es wieder einmal nicht so gut meint mit ihr. Neider jedoch sehen in Lina ein Glückskind, welches immer auf der Sonnenseite des Lebens steht und andere nicht aus dem Schatten treten lässt. So wirbeln die Gefühle durcheinander, welche einen großen Raum einnehmen in diesem sehr stimmungsvollen Roman. Gesellschaftliche Konventionen, wirtschaftliche Überlegungen und nicht zuletzt eine unmögliche Liebe spielen hier die Hauptrollen und lassen einen atemlos durch die Kapitel gleiten, um noch schnell ein wenig mehr vom Milchhof zu erfahren.

Regine Kölpins angenehmer und bildhafter Schreibstil lädt ein zum Verweilen in der Käserei, wo Lina mit schmackhaften Kräutern und stärkendem Bockshornklee experimentiert, lässt Gänsehaut aufkommen, wenn Thees seine Angetraute wie ein Kleinkind aufs Zimmer verweist, weil es sich nicht schickt, dass sie sich in der Fertigungshalle der Molkerei aufhält. Lieber solle sie den Haushalt führen, Wohltätigkeitsveranstaltungen planen oder sticken. Wunderbare Einblicke in den Milchbetrieb erhält der Leser ebenso wie lebendig charakterisierte Figuren, die genau so am Milchhof Bleeker gelebt haben könnten. Machtspiele und Intrigen prägen das Geschehen, stets stellt sich die Frage, ob die Liebe zwischen Lina und Derk eine Chance haben kann.

Abgerundet wird dieses bezaubernde Buch von einem übersichtlichen Personenregister zu Beginn und einer persönlichen Anmerkung der Autorin samt umfassendem Literaturnachweis zu den detaillierten Recherchen am Ende dieses Bandes.

Der Auftakt zur Milchhof-Saga hat mich vollends in seinen Bann gezogen, schön, dass bald die Fortsetzung zu lesen sein wird. Ich empfehle dieses Buch jedenfalls sehr gerne weiter und bin schon gespannt, welche Spuren der Krieg hinterlassen wird.