Rezension

Literatur, die Gold wert ist

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
von C. Pam Zhang

Bewertet mit 5 Sternen

Was für ein Goldstück auf meinem Bücherstapel! Mit „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ ist der Autorin C Pam Zhang ein sprachgewaltiger, ungewöhnlicher und tiefsinniger Roman gelungen, der aktuell relevante Diskurse um Fragen wie Identität, Rassismus oder Gender aufgreift und in eine außergewöhnliche Handlung einbindet. Mich hat der Roman begeistert und zum Nach- bzw. Umdenken angeregt.
Sowohl die Charaktere als auch Handlungsort und -zeit sind ungewöhnlich und spannend. Protagonisten sind die chinesischen Waisenkinder Sam und Lucy, die sich im Wilden Westen der USA zur Zeit des Goldrausches durchs Leben schlagen müssen. Dabei blicken einzelne Teile des Romans aber auch in die Vergangenheit, sodass wir vom harten Leben der chinesischen Familie in einem ihr fremdbleibenden Land erfahren. Die anhaltende Suche nach Heimat, der eigenen Identität und die Sehnsucht nach Zugehörigkeit schildert die Autorin sehr atmosphärisch und eindringlich, was ihr vor allem durch den prägnanten Schreibstil gelingt. Wie bei einem wilden Ritt durch die Prärie feuert sie teilweise kurze Sätze Pistolenschüssen gleich ab und überrascht die LeserInnen mit neuen Wendungen. Mit vielen metaphorischen Anspielungen (v.a. im Hinblick auf die chinesische Kultur und Symbolik) sowie einer bildgewaltigen und symbolträchtigen Sprache mit wiederkehrenden Motiven schafft es C Pam Zhang ihre Leserschaft zum ständigen Um- und Nachdenken zu bewegen, den wenig ist in diesem Roman so, wie es im ersten Moment erscheint. Vieles bleibt im Vagen oder ist im Wandel begriffen, man ist gezwungen, ständig neu zu interpretieren und die Personen sowie deren Handlungen zu hinterfragen. Aufgrund dieser Unbestimmtheit eröffnet sich ein breiter Interpretationsspielraum, der „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ eine Grundlage für Diskussionen macht.
Dass so viele verschiedene Themen aufgegriffen werden (z.B. Genderfragen, Rassismus, Zugehörigkeit/Heimat, Identität, Verhältnis von Menschen und Natur) mag dem ein oder anderen Leser zu viel sein, doch ich finde, die Autorin hat alle Aspekte gelungen miteinander verknüpft ohne dabei oberflächlich zu werden. Obwohl die Themen kontroverse Diskussionen zulassen, gibt C Pam Zhang keine progressiven, politischen oder radikalen Deutungsmuster vor, sondern überlässt es der Leserschaft zu ihrem persönlichen Urteil zu kommen.
Mich hat der emotionale Roman jedenfalls zum Nachdenken angeregt! Es gibt wenig Schwarz-Weiß-Malerei, Grenzen zerfließen und der erste Eindruck führt oftmals in die Irre, sodass ich die Fremd- und Selbstwahrnehmung in Frage stellen musste. Mein Horizont wurde dahingehend erweitert und besonders über die chinesische Kultur und Symbolik konnte ich aufgrund des exotischen Settings noch einiges dazulernen.
Literarisch und thematisch ist „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ für mich also ein „Goldnugget“ am Zahn der Zeit. Abseits der gängigen Belletristik bietet der Roman Potential für kontroverse Diskussionen und Interpretationsansätze und eröffnet neue Perspektiven. Eine glänzende Leseempfehlung mit 5 Goldsternen.