Rezension

Löwenzahn oder Orchidee?

Enno Anders - Astrid Frank

Enno Anders
von Astrid Frank

 

Wie ein „Löwenzahn, dessen Hilferufe niemand hört“ -  ein solches Gefühl spürt der elfjährige Enno oft. Während andere Kinder normale Leistungen in der Schule bringen und in einer Gruppe Gleichaltriger akzeptiert werden, hat Enno große Schwierigkeiten; denn ihn belasten nicht nur Schulprobleme und Konflikte mit seiner Lehrerin, sondern auch die Verständnislosigkeit und wachsende Ungeduld der Mutter, die sein Verhalten nicht einordnen kann. Was ist nur falsch an ihm?

Sehr einfühlsam schildert Astrid Frank in ihrem neuen Kinderbuch Ennos Situation direkt aus der Sicht des hochsensiblen Jungen, den Nebengeräusche so irritieren, dass er sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren kann. In ihrem lockeren, frischen Schreibstil erzählt die Autorin wie das Leben des Jungen im Alltag verläuft, wie er Zeit und Raum vergisst, weil er tief in Gedanken versunken ist. Ennos Ideen erscheinen den Menschen seiner Umgebung  -  mit Ausnahme seines einzigen Freundes Olsen, der aufgrund seiner Hochbegabung selbst ein Außenseiter ist  -  merkwürdig und unwichtig. Warum etwa soll es von Nutzen sein, zu wissen, wieviel Zeit eine Schnecke benötigt, um eine Strecke von 100 Metern zurückzulegen? Da Enno das Gefühl hat, keine Aufgabe richtig erfüllen zu können, in der Schule zu versagen und seine Eltern zu enttäuschen, erscheint es nur folgerichtig, dass er immer mehr verstummt und sich in eine Fantasiewelt flüchtet. Denn ihm erscheint es zunehmend wahrscheinlich, von einem fremden Planeten abzustammen und sich nur vorübergehend unter den „Erdlingen“ aufzuhalten. Da überrascht ihn und die ganze Familie das Gutachten eines Psychologen, der ihn als hochsensible „Orchidee“ bezeichnet…

Ebenso feinfühlig und humorvoll wie Astrid Frank Ennos Konflikte zwischen seinem Seelenleben und der Realität darstellt, gestaltet die Hamburger Illustratorin Regina Kehn die Zeichnungen, mit denen sie den Text begleitet. Ennos wirkliche Umgebung vermischt sie behutsam mit den Gebilden seiner Fantasie. Sie illustriert dabei nicht nur einfach den Buchtext, sondern „interpretiert“ ihn auch. Damit von dem Bildmotiv nicht abgelenkt wird,  beschränkt sie sich auf dezente Farbgebung und ergänzt so auf harmonische Weise den Buchtext.

Mein Fazit: Ein wirklich empfehlenswertes Buch über ein hochsensibles Kind und seine Probleme, sehr einfühlsam geschrieben und doch voller Humor und Optimismus.