Rezension

Lou

Ein ganz neues Leben
von Jojo Moyes

Bewertet mit 4 Sternen

Ein ganzes halbes Jahr haben Lou und Will gemeinsam verbracht und nun ist es für Lou an der Zeit, ein ganz neues Leben zu beginnen. Doch Lous Leben ist für sie selbst kaum erträglich, denn trotz aller guten Vorsätze, ist sie eigentlich die Alte geblieben. Bis unvermutete Ereignisse tatsächlich ihr Leben auf den Kopf stellen.

Ich hatte meine Zweifel, ob diese Fortsetzung tatsächlich Sinn macht und mir gefallen kann. Denn ich fand „Ein ganzes halbes Jahr“ gut und die Geschichte war für mich abgeschlossen, bis ich Lou in diesem Buch erneut begegnet bin und zugeben muss, dass ich mich geirrt hatte:

„… so endet es nur im Märchen, oder? Der Mann stirbt, jeder lernt etwas daraus, macht mit dem Leben weiter und schöpft etwas Wundervolles aus seinem Tod.“ (S. 98)

Woran ich nach „Ein ganzes halbes Jahr“ überhaupt nicht gedacht habe, ist, dass es danach eben nicht vorbei ist. Auch wenn jemand den Freitod wählt und bei den Hinterbliebenen seine Gründe darlegen und sich verabschieden kann, ist es für diese Menschen damit nicht ausgestanden. Denn sie sind noch da und müssen sich Tag für Tag mit der Trauer, dem Verlust und dem „Was wäre wenn“ auseinandersetzen, was dieser Fortsetzungsroman sehr gut verdeutlicht. 

Zuerst tut es jedenfalls richtig gut, wieder bei Lou zu sein. Gleich auf den ersten Seiten war es, als ob man eine liebe alte Freundin nach längerer Zeit wieder sieht und sich darüber freut, erneut in ihrer Gesellschaft zu sein. Lou ist so ein kumpelhafter Knautschtyp von Frau, die noch nicht so recht ihren Platz im Leben gefunden hat. Zwar hatte sie durch Will eine Ahnung davon, steht jetzt aber erst recht wieder vor einem Neuanfang. Und wer sich an Lou erinnern kann, weiß, dass die Dame teilweise ein Talent dazu hat, kein Fettnäpfchen auszulassen und in merkwürdige Situationen zu geraten. 

Obwohl die Beziehung von Lou und Will Ausgangspunkt der Erzählung ist, geht sie relativ rasch eine andere Richtung und man begleitet Lou, wie sie von Will Abschied nimmt, indem sie sich mit seinem „Erbe“ auseinandersetzt. 

Vieles an Lous Verhalten konnte ich nicht nachvollziehen. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass sie sich in einer Ausnahmesituation befindet und sich an alles klammert, was ihr von Will geblieben ist. Hier nimmt die Handlung auch eine Wendung ein, die mich nicht komplett überzeugen konnte, eine Spur zu sehr ins Kriminalistische abdriftet und meiner Meinung nach auch nicht hundertprozentig plausibel ist.

Dennoch schafft die Autorin (oder auch Lou) rechtzeitig die Kurve zu kriegen und steuert auf ein Ende zu, dass weder kitschig noch trübsinnig sondern gut und befriedigend ist.

Es war wunderbar noch einmal mit Louisa Clark das Leben zu bewältigen, gemeinsam dem Trübsinn zu bekämpfen und tatsächlich zum allerletzten Mal von Will Abschied zu nehmen, um ein ganz neues Leben zu beginnen. 

Ich denke, wem „Ein ganzes halbes Jahr“ gefallen hat, sollte sich auch an die Fortsetzung trauen. Zwar ist es nicht ganz so eindrucksvoll, aber dennoch gut und Jojo Moyes hat damit Will und Lou auf jeden Fall alle Ehre gemacht. 

© NiWa