Rezension

Lügen, nichts als Lügen - der Titel hält was er verspricht

Das bretonische Haus der Lügen - Mia Löw

Das bretonische Haus der Lügen
von Mia Löw

Bewertet mit 4 Sternen

>>"Er wird dir das Herz brechen und dich mit in den Abgrund reißen", hatte Eva ihr am nächsten Morgen düster prophezeit.>>
Wie viele Jahre mag es her sein, dass die junge Ärztin Adrienne zum letzten Mal im Sommerhaus an der Cote de Granit Rose war? Sie weiß es gar nicht mehr so genau, doch an den Streit und den darauf folgenden Bruch mit ihrer Adoptivmutter Eva erinnert sie sich noch ganz genau. 
Als Eva völlig unerwartet zu ihrem 60. Geburtstag auf das Anwesen einlädt, ist Adrienne zwar überrascht, aber in der Hoffnung das Vergangene hinter sich zu lassen, sagt sie zu. 
Nicht ahnend was sie erwartet!
Mich hat es genauso kalt erwischt, denn es warten eine ganze Menge Lügen, Intrigen, Betrug und Geheimnisse in der schönen Bretagne.
Der Roman ist in zwei Teile gegliedert (Prolog mal außen vor gelassen): Evas Fest und Adriennes Weg. 
Vor allem im ersten Teil "Evas Fest" kommt man kaum zum Luft holen, so rasant folgt hier Schlag auf Schlag eine Enthüllung und Lüge nach der anderen. Man bekommt eine Idee von den Charakteren, aber es geht noch nicht so richtig in die Tiefe. Wahrscheinlich ganz bewusst, denn dieses ganze Konstrukt aus Lügen und Betrügen führt dazu, dass man als Leser selber nicht mehr weiß, was man glauben und wem man vertrauen kann. Man hinterfragt plötzlich alles, a la: Wer einmal lügt... Das ist schon ganz geschickt gemacht, wenn auch dadurch natürlich die Emotionen etwas auf der Strecke bleiben. 
Mit dem Beginn von "Adriennes Weg" wird die Geschichte um einiges ruhiger. Wurde der erste Part ganz klar von Eva und ihrer Art dominiert, erlebt man spürbar einen Wechsel. Auch im Schreibstil. Die Charaktere entwickeln sich, bekommen mehr Raum und Tiefe. Was mir besonders gut gefallen hat, ist, dass man diese andere Art von Familie und Zusammenhalt hautnah gespürt hat. 
Der erste Teil war sehr unterhaltsam, aber der zweite stach durch tolle Emotionen hervor. 
Überhaupt hat Mia Löw einen sehr flüssigen und unterhaltsamen Schreibstil und beweist, dass sie nicht nur Lügen und Intrigen sondern auch Emotionen kann. 
Das Sahnehäubchen sind die bildhaften, unaufdringlichen Beschreibungen der Cote de Granit Rose. Wirklich nur Nebenwerk, keine seitenlange Beschreibungen, und trotzdem hat man das Gefühl, diese einzigartige Landschaft direkt vor sich zu haben. Und auch das fließt in den Charme des Buches mit ein. 
Obwohl ich von Anfang an der Meinung war, der Prolog verrate zu viel, fand ich es unheimlich spannend und unterhaltsam Adriennes Geschichte zu verfolgen. 
Fazit: Dieser Roman erzählt nicht nur eine außergewöhnliche Geschichte mit Bezug auf die RAF und AD, sondern es geht auch thematisch richtig rund. Aber in dem Moment, wo ich dachte, hm, vielleicht too much, habe ich gleichzeitig gemerkt, dass es mich unterhält und vom zweiten Part war ich eh hin und weg. Mein erster Roman von Mia Löw und mit Sicherheit nicht mein Letzter. Ich freue mich schon darauf ihre anderen Bücher zu entdecken.