Rezension

Luise&Jacob (&Kristopher)

Nicht weg und nicht da - Anne Freytag

Nicht weg und nicht da
von Anne Freytag

Bewertet mit 4.5 Sternen

Must read! Traurig schöne Geschichte über Verlust und wie man weiter macht.

Anders als andere Bücher, die als dramatische Geschichte angepriesen werden und bei denen der Autor es meiner Meinung nach nicht schafft, die Gefühle wirklich herüber zu bringen, beweist dieses viel Herz.

Vorweg einmal eine kleine Einschätzung zum Aussehen.
Das Buch sieht absolut wundervoll aus. Einzig Kristopher, der an den Sternen empor klettert, gefällt mir weniger gut, da er meines Erachtens erstens wie ein Kind und nicht wie der ältere Bruder von Luise aussieht und zweitens hätte ich ihn mehr in einem Bötchen vorgestellt.

Ansonsten ist es von einem perfekten Dunkelblau. Die Sterne sind meistens 3D. Die Zeichnung des Liebespärchens sieht absolut schön aus!
Die Schrift des Klappentextes ist mit Farbe und Form stimmig gehalten.
Und selbst innen sieht das Buch wunderschön aus. Die Autorin hat ganz hinten auch ihre Playlist beigefügt.
Zum Format lässt sich nicht viel sagen. Wie sooft ist es ein Hardcover mit intrigierten Lesebändchen, damit die aktuelle Seite nicht verloren geht, selbst wenn man mal wieder kein Lesezeichen zur Verfügung hat. Man kann den Umschlag abnehmen, um ihn vor Rissen zu schützen. Ob es in Handtaschen passt, kommt also ziemlich auf das Model an.

Aber nun das viel Wichtigere: Die Geschichte, die Charaktere, der Schreibstil.

Der Schreibstil war eigentlich das was mich am meisten gestört hat, wenn man es denn so sagen kann. Oft bin ich, wenn, von der Art des Schreibens ebenso enttäuscht wie von den Charakteren, doch hier war es gar nicht der Fall.
Der Schreibstil ist leider (mal wieder) in der Ich –Perspektive und der Gegenwartsform gehalten. Davon bin ich persönlich absolut kein Freund.
Allerdings hat die Autorin so gut und flüssig geschrieben und die Charaktere und die Geschichte standen so im Vordergrund, dass ich es nach einigen Seiten gar nicht mehr wahrgenommen habe.
Es blieb also nur mein großer Kritikpunkt: Neben der Tatsache, dass manche Szene wirklich rasch runter geschrieben worden sind (was ich mal dem Genre Jugendbuch zuschreibe), nervte mich die öfter stattfindende Wiederholung von „Bla bla bla“, sagte sie. „Blubb Blubb“, sagte er. Noch schlimmer waren die Szenen, die wie ein Übungsdialog für Grundschüler aufgebaut waren.

“Das Gespräch lief wie folgt ab:

Er: So und so
Sie: So und so
Er: So und so“

Das empfand ich als störend und unnütz und hat mich persönlich total aus dem Lesefluss gerissen. Vor allem, da der Schreibstil ansonsten sehr flüssig und trotz Wiederholungen tiefgründig war und diese Art der Szene nur selten vorkam.

Die Charaktere: Sie waren stimmig. Genossen habe ich es sehr, was für einen Wandel Luise durchgemacht hat. Sowohl zu der vor dem Buch, als auch während der Story. Ich mochte es auch, dass sie ihre neue Frisur selbst dann beibehalten hat, als Jacob und sie ein Paar geworden sind.
Ich mochte den Konflikt mit ihrer Mutter, dass es mit ihrem Vater nicht geklärt wird. Ich mochte die Trauerphasen, die sie durchgemacht hat. Alles sehr stimmig und lobenswert.

Auch bei Jacobs Part fühlte ich mich wohl. Hierbei muss ich, positiv, anmerken, dass er am Anfang quasi nur rein geschobene Miniparts hatte und es sich mehr auf sie konzentriert hat. Erst nach und nach kam auch er ins Rampenlicht und gehörte dazu.
Hinzukommt, dass ich seinen Bruder und dessen Freundin sehr gut leiden konnte, wenn ich es auch ein wenig zu schnell fand, wie Luise sich direkt der Gruppe anschloss und wie sie sie aufgenommen haben. Zudem war Arthur schon ein wenig Klischee, genauso wie Jacob, der natürlich super gut kochen kann (jeder ist entzückt) und wegen seiner Vergangenheit (auch Klischee) kein Koch werden will. Wie sich das jetzt fortführt, spoiler ich mal nicht.
Aber auch das schiebe ich mal dem Genre zu und es hat mich nicht wirklich gestört.

Und dann gibt/gab es da auch noch Kristopher. Seine Mails haben mir doch schon die ein oder andere Träne ins Gesicht gezaubert und ähnlich wie Luise hatte ich verschiedene Gefühle ihm gegenüber.
Am Anfang war ich wegen seines Selbstmordes wütend auf ihn. Dann konnte ich ihn so gut verstehen. Ich wünschte mir so sehr, er würde leben und glücklich werden. Ich habe ihn für manche Aufgaben gehasst! Vor allem für seine letzte… Und am Ende kann man es doch nur nachvollziehen.

Und die Geschichte:

Sie war auf jeden Fall sehr traurig, zentrierte sich aber mehr um Luise und ihren Weg damit umzugehen, als auf Kristopher und seine Tat. Unterstützend dabei wusste man meistens, welches Lied die Charaktere gerade hören und konnte sie zur Szene anmachen.
Es war spannend, es war schön und es ging ans Herz. Die Autorin hat München gut dargestellt. Das Emailprogramm, das Kristopher benutzt hat, um Luise Nachrichten zu schicken, gibt es sogar wirklich (sie hat sehr gute Arbeit geleistet).
Es ist weder eine absolut klischeebelastete Liebesgeschichte, noch eine Dramastory, die dann zwanghaft auf eine lächerliche Liebesgeschichte runter gebrochen worden ist und damit alle Gefühle verloren hat. So wie das letzte Buch, das ich in der Leserunde bekommen habe und das einfach alles durch die unsinnigen Charaktere versaut hat.
Hier hat mich einzig die eine Rettungsszene an der Tramstation die Laune verdorben. Die war mir dann doch zu Klischee. Sie kommt einfach in jedem Buch vor! Auch wenn diese hier eine sehr, sehr gute Begründung hatte, hätte ich das Buch am liebsten danach zur Seite gelegt und nie mehr angerührt. Und habe es zum Glück doch nicht getan.
Ich möchte nicht spoilern, also kann ich nicht allzu viel verraten. Das werdet ihr wohl selber herausfinden müssen.

Fazit:
Manche Schwächen im Schreibstil, die Charaktere hin und wieder ein wenig Klischee, die Szenen ab und an zu schnell abgehandelt. Das sind die Schwächen für ein Buch, das ich ansonsten nur absolut empfehlen kann.
Ich hatte direkt noch ein Buch der Autorin gekauft, aber es meiner besten Freundin geliehen. Sie hat es zwar schon durchgelesen und ist begeistert, ich weiß allerdings nicht, wann ich es endlich lesen kann. Fakt ist; ich kann es kaum erwarten und möchte auch dazu meine Meinung schreiben.
Denn in dieses Buch hatte ich mich damals schon auf der Heyne Facebookseite verliebt, wo es verlost wurde (leider war ich kein Gewinner). Danach habe ich es in Bücherläden aufgesucht, doch der eine war ausverkauft und immerhin habe ich einen absolut schönen Turnbeutel als Goodie bekommen. Er ist blau und trägt das Cover drauf. Und er erinnert mich an den, den Jacob auf dem Cover über der Schulter hängen hat.

Ganz klare und dicke Kaufempfehlung von Herzen!