Rezension

Lustig, absurd und manchmal makaber

Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker - Renate Bergmann

Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker
von Renate Bergmann

Bewertet mit 4 Sternen

Renate Bergmann, 82, wohnt in Berlin-Spandau und ist bekannt geworden durch ihre Twitter-Nachrichten. Die alte Dame versucht mit ihrer Sichtweise durch die moderne, technisch komplizierte Welt zu kommen und zeigt uns ihren Alltag. In 34 Episoden hat sie zu vielem ihre Meinung und sorgt für den ein oder anderen Lacher.

Wer nach 45 Steine gekloppt hat, will im Alter sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. So begründet Renate ihre vielen Aktionen und hat eigentlich auch recht damit.
Originelle Ideen zur Alltagsbewältigung, Besuch von Fremdbeerdigungen mit leckerem Leichenschmaus und eigene Ansichten über Gut und Böse, die herrlich amüsant sind, zeigen, dass diese alte Dame das Herz am rechten Fleck trägt.
Wie sie ihre vier Ehen und ihr einziges Kind sieht, die in Berlin weit verstreuten Gräber der verblichenen Männer pflegt und ihre Freundschaften heute aussehen, verrät die agile Frau in diesem Buch.
Man ist immer wieder überrascht, was ihr so alles einfällt. Ständig ist sie auf Achse, jagt Schnäppchen hinterher, organisiert Altenheimfeste und fährt mit ihren besten Freunden Ilse und Kurt in deren Koyota durch die Gegend. Nicht ganz unfallfrei, dafür kommt sie aber überall hin.
Was sie so alt werden liess, kann man nur erahnen. Diese Dame rastet nicht, feiert gern und häufig und hält sich täglich mit einem Klaren gesund. Aber auch ihr selbstgemachter Eierlikör, den sie mit Primasprit ansetzt, hilft ihr und ihren Freunden über die Runden. Sicher schüttelt man manchmal den Kopf über ihre Aktionen und Ansichten, verzeiht ihr aber dank ihrer netten Art sofort wieder.

Eigentlich ist Renate eine neugierige, pingelige Ordnungsfanatikerin, die viel zu Nörgeln hat. Aber gerade diese nervigen Charakterzüge machen sie in diesem Buch so sympathisch und man ist immer wieder erstaunt, wie ehrlich und schlagfertig diese Frau sein kann. Es gibt wohl kein Thema, zu dem sie nichts zu sagen hätte. Dabei sind ihre Ideen nicht immer korrekt, ihre Freude über Flugreisen, Preisausschreiben und Beerdigungen aber so erfrischend und positiv, dass man Renate gleich gern hat und sich über jeden Fauxpas, den sie sich leistet, freut.
Die Erzählweise ist unterhaltsam und sehr persönlich gehalten, der Leser wird direkt angesprochen und man kommt sich vor wie in einem Gespräch auf irgendeiner Parkbank in Berlin.

Eine schöne Lektüre über Themen des Alters, wie man mit der technisierten Welt umgehen kann und wie man das Leben leicht nimmt und Humor an den Tag legt. Ein wenig absurd, lustig und einfach herzerfrischend komisch geschrieben, wird hier klischeehaft so manche Wahrheit ans Licht gebracht.