Rezension

Madame Nan erinnert sich

Wie uns die Liebe fand - Claire Stihlé

Wie uns die Liebe fand
von Claire Stihlé

Madame Nanon, 92 Jahre alt und von allen liebevoll Madame Nan genannt, hat so manches erlebt in dem kleinen Dorf mit der guten Luft. Frankreich, Deutschland, Frankreich – schon immer ist ihre Region Spielball politischer Interessen und Machtansprüche gewesen. Dann kehrt endlich Ruhe ein, aber nur solange bis Madame Nans älteste Tochter Marie plötzlich mit einer Erfindung daherkommt, die der Familie nicht nur Ansehen und Geld, sondern den Dorfbewohnern auch jede Menge Liebestaumel beschert. Das Glück scheint perfekt zu sein, gäbe es da nicht die Geschichte mit ihrem Nachbarn Monsieur Boberschram, in den sich Madame Nan verliebt, ohne zu wissen, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit haben, die alles andere als verbindet.

Buchbesprechung zu »Wie uns die Liebe fand« von Claire Stihlé

Diesen Frohsinn verbreitenden Frauen-Roman habe ich heute Morgen gegen 4.000 Bitcoins auf vorablesen.de eingetauscht und ganz schnell in der Mittagspause gelesen. Das 304-seitige, broschürte Taschenbuch mit der ISBN 978-3-426-30740-3 kostet 14.99€ und erscheint heute am 4. Mai 2020 im Droemer-Verlag.

*Meinung*
Wer sich hinter dem Pseudonym Claire Stihlé verbirgt, habe ich auf die Schnelle leider nicht in Erfahrung bringen können, aber die Formulierung, dass Wie uns die Liebe fand ihr erster Elsass-Roman sei, lässt mich persönlich vermuten, dass die Autorin bereits andere Frankreich-Romane veröffentlicht hat. Spontan fällt mir da Sophie Bonnet ein, da sie ein Faible für gutes Essen hat. Aber das ist reine Spekulation.

Für die wundervolle Gestaltung des Covers ist Nicole Pfeiffer aus Hamburg verantwortlich. Das war Liebe auf den ersten Blick. Farbenfrohe, ordentlich im Kreis arrangierte Blütenblätter. Das Bild erinnerte mich an das prachtvolle Gefieder eines Paradiesvogels, an einen Tanz, auch an Feuer und Flammen. Als wäre gerade eine Bombe in einem Blumenbeet detoniert.

Obwohl mich die Leseprobe begeistert hatte, wurde ich vom weiteren Verlauf der Geschichte nicht enttäuscht, doch zugegeben, auch meine anfängliche Euphorie wurde auf die Probe gestellt und hielt sich zunehmend mit den nicht nummerierten Kapitel irgendwann in Grenzen, da Madame Nan dazu neigt, einfach alles auszuplaudern. Im Geiste fit wie ein Turnschuh, doch wohl wissend, dass ihre Tage bald gezählt sind, berichtet die Greisin mit erhobenen Hauptes an den Leser gewandt rückblickend aus ihrem bewegten und gar allzu ereignisreichen Leben. Dies gelingt ihr mal mehr, mal weniger interessant, aber immer überraschend ehrlich. Stilistisch aufheiternd, witzig, lebendig, vornehm in ihrer Ausdrucksweise, einfühlsam, bedacht, manchmal nachdenklich stimmend, aber niemals mit drohendem Zeigefinger.

Schauplatz ist das im Elsass gelegene 1.300 Seelen-Dorf Bois-des-Val. Wer es auf der Landkarte sucht, wird es nicht finden, denn dieser Ort existiert nur in der Fantasiewelt der Autorin.

Die Figuren sowie deren Charaktere wurden geschmeidig modelliert, wie man sie sich eben gerne vorstellen mag. Madam ist unglaublich tapfer und stark. Im Alter von 52 Jahren wird sie Witwe und muss ihre Töchter Marie, Anne, Chloé und Caroline alleine durchbringen. Doch die Mutter hat Glück, denn ihre vier pubertierenden Kröten, wie sie sie liebevoll nennt, sind ihr eigenes Abbild: kess, schlau, quirlig, selbstbewusst, kämpferisch, erfinderisch, zielstrebig, wohlerzogen und selbständig. So grenzt es kaum an ein Wunder, dass diese Weiberwirtschaft mit Raffinesse ein ganzes Dorf zum Wohlstand verhilft. Monsieur Boberschram verkörpert den wohlwollenden, französischen Charme und Malou den Rosenkavalier.

Die Geschehnisse werden nachvollziehbar und in sich schlüssig wiedergegeben. Es ist eine Geschichte, dich mich berührt und verzaubert hat. Madame Nan gelingt es, das Jahr 1979 vor meinen Augen lebendig werden zu lassen. Damals war ich gerade sieben Jahre alt. Auf meine eigene Jugendheit möchte ich nicht weiter eingehen, da müsst Ihr Euch noch ein wenig gedulden, aber die zentrale Botschaft dieses Buches lautet: Ältere Menschen darf man auf gar keinen Fall unterschätzen. Habt Respekt vor alten Frauen und Euch gegenseitig lieb. Eine theatralisch, einfühlsame Lektüre für große Mädchen, die noch an Wunder und die Kraft der Liebe glauben. Denn das Wunder der Liebe steckt in unser aller Herzen.

*Fazit*
Dieser Roman war nicht das, wofür ich ihn hielt. Meine eigene Schuld, denn bei der Leseprobe muss ich wohl etwas unkonzentriert oder abgelenkt gewesen sein. Überraschenderweise bot mir das Buch trotzdem liebevolle Unterhaltung und eine Geschichte, auf die ich mich gut einlassen konnte. Erinnert mich Madame allzu sehr an meine eigene »Maman«. 

Am 10. Mai ist übrigens Muttertag. Wer noch kein Geschenk hat, der sollte schnell die nächste Buchhandlung aufsuchen und nach »Wie uns die Liebe fand« Ausschau halten. Ich vergebe 5 Lese-Sternchen und ein dickes Merci!

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