Rezension

Mädelsabend - Über die Vereinbarkeit von Freiheit und Familie

Mädelsabend - Anne Gesthuysen

Mädelsabend
von Anne Gesthuysen

~~Inhalt
Ruth und Walter leben seit Ruths Sturz im Seniorenheim Burg Winnenthal. Ruth genießt die Gesellschaft der anderen Heimbewohner, wohingegen Walter am liebsten sofort zurück nach Hause fahren würde. Doch um nichts auf der Welt möchte Ruth den Ort verlassen, in dem sie sich das erste Mal in ihrem Leben so richtig wohl fühlt.

Als ihre Enkelin Sara die Zusage für ein Forschungsstipendium in Cambridge erhält, sucht sie Rat bei Ruth. Denn nach Cambridge zu gehen, bedeutet zugleich ihren Lebensgefährten zurückzulassen und den gemeinsamen kleinen Sohn mitzunehmen.

Meine Meinung
Anne Gesthuysen verwebt in „Mädelsabend“ nicht nur Geschichten aus der Gegenwart und Vergangenheit, sondern auch die Lebenswege von Großmutter und Enkelin. Sie nimmt den Leser mit in das Leben von Ruth, in dem wir Zeuge davon werden, dass ihre Ehe mit Walter alles andere als einfach war. Nun, mit 88 Jahren hat sie endlich Freude, die sie sich auch nicht nehmen lassen möchte. Ihren Konflikt, es Walter, dem sie immer alles Recht gemacht hat, auch im Seniorenheim recht machen zu wollen und dabei selber auch ein Stück vom Glück zu erleben, hat die Autorin sehr gut dargestellt.

Immer wieder musste ich daran denken, dass es damals üblich war sich als Frau dem Mann unterzuordnen, aber hat sich wirklich etwas gebessert? Sinnbildlich für die moderne Frau steht Sara, die eine von den vielen Frauen ist, die versuchen Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen.

Von den beiden Frauen hat mir Ruth besser gefallen. Sara bleibt hingegen ein wenig blass. Zum Teil konnte ich sie nicht verstehen und habe ihre Handlungen auch nicht schlüssig gefunden. Ruth hingegen mochte ich von der ersten Seite an, hätte ihr jedoch auch ein wenig mehr Durchhaltekraft gewünscht, wohl wissend, dass man Verhaltensweisen, die das Leben geprägt hat, nicht einfach so aufgeben kann. Ich habe mich nach dem Lesen gefragt, ob ich zu viel von der Autorin verlange, wenn ich sage, dass ich mir ein anderes Ende gewünscht habe. Eins, das aufzeigt, dass sich das heutige Frauenbild im Laufe der Jahre verändert hat, denn eigentlich möchte ich mir nicht vorstellen, dass wir uns nicht weiterentwickelt haben und immer noch das Heimchen am Herd (o.k. teilweise mit Doktor-Titel) sein sollen.

Anne Gesthuysen überzeugt dennoch durch einen wunderbaren, einfühlsamen und flüssigen Schreibstil, der es leicht macht in beide Geschichten einzutauchen – die in der Vergangenheit, wo wir Ruth begleiten und die in der Gegenwart, in der wir Großmutter und Enkelin auf ihrem Weg nahe sind.

Fazit
„Mädelsabend“ ist ein unterhaltsamer Roman, der auch nachdenklich macht. Ein Buch, das ich gerne gelesen habe, bei dem ich aber auch eine etwas deutlichere Entwicklung der Protagonistinnen bevorzugt hätte.