Rezension

Männerportrait vor dem Hintergrund unserer modernen Welt und #MeToo

Kerls! - Angelika Hager

Kerls!
von Angelika Hager

Bewertet mit 2.5 Sternen

Leider ist der hauptsächliche Eindruck, der nach der Lektüre von Angelika Hagers 'Kerls' bleibt 'mimimi'.

Dabei fing es so vielversprechend an! In einer launigen Einleitung beschreibt die Autorin die Bandbreite der heutigen Männerwelt. Von Dutt-, Rock- und Glitzerkleid-tragend zu kahl rasiert, muskelbepackt und tätowiert. Der Leser freute sich auf eine vielseitige Beleuchtung ehemaliger und heutiger Männerbilder und darauf, nach dem #MeToo-Hurrikan etwas mehr Verständnis für das starke Geschlecht in allen seinen Ausprägungen vermittelt zu bekommen. Leider wurde diese Vorfreude enttäuscht.

Angelika Hager sammelt viele Entwicklungen der jüngsten Zeit und berichtet, wie es 'dem Mann' in unserer Gesellschaft zuletzt ergangen ist. Leider kam er dabei oft nicht wirklich gut weg und so ist das Buch vor allem eine Ansammlung von Negativbeispielen und Problemen. Verständnis kann man dafür allemal aufbringen, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Nicht alles kann auf eine Verschiebung der 'Rollen-Verantwortlichkeiten' geschoben werden. Außerdem wirkt das Buch nach der Hälfte zunehmend statisch und der Leser wartet vergeblich auf positive Entwicklungen im Männerbild oder konstruktive Lösungsansätze, um dem männlichen Zwiespalt anders zu begegnen als mit Gewalt. 

Die Autorin sammelt über Längen Zitate und berichtet wie in einer Reportage über die Meinungen anderer, eigene Zusammenfassungen oder gar Schlussfolgerungen fehlen jedoch. Der in der Einleitung dem archaischen, rohen Mann gegenüber gestellte 'Softie' fällt in dieser Berichterstattung komplett hintüber. Es wird zwar erläutert, welche psychischen Prozesse den Mann zum Amokläufer werden lassen, nicht aber, wie es kommt, dass er sich auf einmal auch als 'Heimchen am Herd' verwirklichen will (und kann) oder woher der Wunsch zum weiblichen Styling kommt (figurbetont, lange Haare, Kosmetika, etc.). Das hätte in einem umfassenden 'Kerls-Portrait' nicht fehlen dürfen. 

Die Beispiele, die Hager anbringt, sind interessant und teilweise erleuchtend, doch es fehlt schlicht und einfach die Hälfte des Buches. 2,5 Sterne.