Rezension

Märchenhaft oder dystopisch

Pechschwarze Hoffnung
von Kyra Dittmann

Naturkatastrophen und Atomkriege haben die Erde weitestgehend zerstört. Narrando ist einer der wenigen Flecken Erde, wo ein Überleben überhaupt noch möglich ist. Hier leben die Hot Bloods, geschützt und in unendlichem Reichtum, und die Parias, außerhalb der Hot Bloods Bezirke, ohne Rechte und jeden Tag aufs Neue um ihr Überleben kämpfend. Jai, ein Paria, ist ein Rebellenanführer, dessen einziges Ziel der Sturz des Präsidenten der Hot Bloods ist. Vella, die Tochter des Präsidenten, gerät in seine Fänge. Doch Jai hält sie für eine Dienerin mit Paria-Abstammung. Vella hat nur noch einen Gedanken - ihr Leben retten. Sie schließt mit Jai ein Abkommen. Doch können sie es auch einhalten? Kann Jai sein Ziel erreichen? Und wie lange kann Vella ihre Lüge aufrechterhalten?

Zweifellos handelt es sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer Dystopie. Nichtsdestotrotz fiel es mir sehr lange schwer, mich daran zu erinnern, dass ich eine solche lese. Eher hatte ich immer das Gefühl, ich würde ein Märchen lesen. Es gab so viele märchenhaft anmutende Elemente: keine Technik, die Pferde als hauptsächliches Fortbewegungsmittel auch bei den Reichen, die Präsidententochter, die sich wie eine verwöhnte Prinzessin benimmt, der schreckliche Sohn des Süd-Präsidenten, den die Prinzessin heiraten muss. Dergleichen gibt es noch einiges mehr. Ich musste mich immer wieder selbst daran erinnern, dass dieses Buch kein Märchen ist.

Die Geschichte liest sich sehr flüssig, der Leser steckt sofort mittendrin und fiebert mit. Anfangs stolpert er über einige fremde Wörter, die nicht direkt erklärt werden. Dies ist aber gar kein Problem. Aus dem Kontext heraus ergibt sich nach und nach, was damit gemeint ist. Etwas verwirrend fand ich eher, dass es den ein oder anderen Begriff gab, mit dem ich etwas völlig anderes verbinde als in dieser Geschichte gemeint ist. Dies hat auf jeden Fall für mehrere Lacher gesorgt; versucht ihr mal, einen Smoothie anzuziehen :-)

Die Charaktere sind tiefgründig und facettenreich gezeichnet. Der Autorin gelingt es sehr gut, diese nicht nur "schwarz-weiß" zu zeichnen, auch wenn der Eindruck anfangs so erscheinen mag. Nach und nach gibt die Autorin weitere Eigenschaften preis, je nachdem, wohin sich die Figuren entwickeln. Jegliche Handlungen, Aktionen und Reaktionen sind jederzeit nachvollziehbar und logisch, selbst dann, wenn der Leser die Hände entsetzt über dem Kopf zusammenschlägt und die Protagonisten am liebsten durchschütteln würde. Sicherlich ahnt der Leser, wohin ihn der rote Faden vermutlich führt, aber welche Umwege, Hindernisse und Probleme er zu überwinden hat, kann er nicht ansatzweise erahnen. Die Autorin webt sehr geschickt immer wieder neue Rätsel und Insiderwissen ein, die auch nicht so schnell aufgelöst werden. Die natürliche Neugier des Lesers wird auf jeden Fall geweckt.

Spannung wird in dieser Geschichte sehr konstant aufgebaut. Sie entlädt sich weniger in actiongeladenen Szenen. Vielmehr gibt es einige Szenen, in denen der Leser den Protagonisten immer einen Schritt voraus ist und "leider" mehr weiß als diese selbst. Dies führt zum einen zu kleineren Spannungshöhen, baut zum anderen aber auch wieder mehr an Spannung auf. Die Kapitel enden sämtlich mit kleinen Cliffhangern und der Leser muss sich in Geduld üben, bis er erfährt, wie es weitergeht. Selbstverständlich endet auch das Buch mit einem besonders gemeinen Cliffhanger.

Diesen ersten Teil kann ich bedingungslos weiterempfehlen. Wer Dystopien liebt oder wer sich an eine solche einmal heranwagen will, liegt mit dieser ganz richtig. Ich vergebe daher 4,5/5 Sternchen.