Rezension

Magisch, mystisch, geheimnisvoll & atmosphärisch stark!

Caraval 01 - Stephanie Garber

Caraval 01
von Stephanie Garber

Bewertet mit 4 Sternen

Der Schreibstil war durchgehend angenehm. Je weiter man in der Geschichte fortgeschritten ist, umso magischer wird auch der Schreibstil, denn der passt sich der Handlung an. Dabei wird die Geschichte aus Scarletts Sicht erzählt.

 

Scarlett als Protagonistin war für mich willensstark & eigenständig. Natürlich hatte sie auch ihre eigensinnigen Momente, aber ich konnte das gut verstehen. Als Frau in einer Welt in der Frauen noch keine großen Rechte durch Feminismus bekommen haben, ist es sicherlich nicht einfach sich durchzusetzen. Das hat sie hier aber gut geschafft. Ich mochte es, dass sie viel aus eigener Kraft geschafft & herausgefunden hat. Sie war also nicht nur die Jungfrau in Nöten.

Auch die Nebencharaktere fand ich gut charakterisiert. Keiner war direkt & einfach zu durchschauen. Sie hatten alle mehrere Schichten an sich, die erst nach & nach zum Vorschein kamen. Das sorgte für so einige interessante Plottwists.

Die Liebesgeschichte ging mir etwas zu schnell, weil Caraval selbst nur an 5 Nächten spielt & die beiden selbst in der kurzen Zeit nur ca. die Hälfte der Zeit zusammen verbringen. Es war jetzt nicht unglaubwürdige, aber ich hätte mir da einfach etwas mehr gewünscht.

Scarletts Absicht ihre Schwester zu finden & zu schützen treibt sie an, was gut nachvollziehbar ist. Jedoch kam bei mir persönlich die Schwesternbeziehung & Liebe nicht ganz an. Das war mein einziges richtiges Problem mit dem Buch. Die beiden beteuern ständig wie sehr sie sich lieben, dass sie gleichzeitig auch beste Freundinnen sind & sogar für die andere sterben würden. Und trotzdem versuchen sie die ganze Zeit ihren Kopf durchzusetzen & dabei scheint es ihnen ziemlich egal zu sein, wie negativ die Effekte auf die Schwester sind oder ob sie das überhaupt will.

Das beste Beispiel ist bereits der Anfang. Scarlett ist bereit einen Unbekannten zu heiraten, um sich selber, aber vor allem die Schwester aus den Fängen des gewalttätigen & herrischen Vaters zu befreien. Tella möchte dies jedoch nicht, denn sie glaubt nicht, das der Mann den ihr Vater ausgesucht hat, besser wäre als ihr Vater selbst. Sie versuchen allerdings nicht wirklich darüber zu debattieren, sondern pochen auf ihrem Punkt & schmieden ihre eigenen Pläne. Soweit ich es verstanden habe, wollte Scarlett ihre Schwester einfach nach ihrer Hochzeit mitnehmen, egal ob sie das will oder nicht. Das fand ich schon etwas fragwürdig. Aber wer würde seine Schwester auch bei so einem Vater zurück lassen? Deshalb konnte ich das noch irgendwie nachvollziehen.

Kurz darauf kommt die Diskussion bezüglich Caraval auf. Scarlett wollte da zwar schon immer mal hin, aber so kurz vor ihrer Hochzeit sieht sie dazu keine Chance mehr & will auf keinen Fall ihre Hochzeit verpassen, da sie diese als einzigen Ausweg ansieht & alle ihre Hoffnungen rein packt. Und was macht Tella, die das sehr gut weiß & es deshalb nicht geschafft hat ihre Schwester dazu zu überreden Caraval zu besuchen? (Vorsicht: SPOILER FÜR DEN ANFANG DER GESCHICHTE) Sie entführt Scarlett kurzer Hand. Sie schafft es wortwörtlich sie gegen ihren Willen & mit dem Wissen, dass Scarlett Angst hat & die letzte Hoffnung verlieren könnte ein selbstbestimmtes Leben zu führen, auf eine lange Reise mit zu schleifen & achtet dabei gar nicht auf die Gefühle die Scarlett bei dem Ganzen hat. Solange sie denkt, dass es das Beste für die Schwester ist, ist es anscheinend okay sie in Angst & Schrecken zu versetzten & ihr ihre eigene Entscheidungsfreiheit zu nehmen. … Nein, das ist absolut nicht okay! Und es wirkt für mich auch nicht wie besonders starke Schwesternliebe, sondern nur wie rücksichtsloser Egoismus. Sie scheinen sich beinahe mehr gegenseitig zu gefährden & zu verletzen (wenn auch eher psychisch als physisch), als der Vater. Und solche Entscheidungen der beiden ziehen sich quer durch die Geschichte. Wobei mir Tella sehr viel drastischer vorkommt.

 

Am Anfang hatte ich daher auch etwas Probleme in die Geschichte zu kommen, da ich die Charaktere nicht ganz verstehen konnte. Sobald jedoch Caraval begonnen hatte, war ich voll drin. Das war meiner Meinung nach auch die Stärke der Geschichte. Das ganze Spiel war magisch, mystisch & geheimnisvoll. Es wurde auch so beschrieben & hat mich dadurch fasziniert. Dieses Magische hat mich teilweise an den „Nachtzirkus“ von Erin Morgenstern erinnert. Beispielsweise gab es ein Gebäude in Form eines Hutes, das mich da auch an „Alice im Wunderland“ erinnert hat. Atmosphärisch war der Plot dicht erzählt & hat mich in seinen Bann gezogen. Wie gesagt gab es auch einige Plottwists, die ich nicht vorhersehen konnte. Man wurde durch Rätsel & Verdächtigungen teilweise auch ganz schön an der Nase herum geführt. Ich hatte öfter das Gefühl es nach einem Twist endlich kapiert zu haben, nur damit es 5 Seiten später wieder durch einen neuen Twist umgeworfen wurde. Also spannend fand ich den ganzen Caravalplot eigentlich immer, wobei das Ende natürlich noch etwas heraus gestochen hat (auch wenn da wieder die seltsame Schwesternliebe eine große Rolle gespielt hat).

 

Fazit: Ich mochte sehr viel an der Geschichte. Die magische, mystische & atmosphärisch starke Geschichte, mit einigen Überraschungen & Plottwist hat mich gut am Ball gehalten. Mit Scarlett konnte ich mich auch gut identifizieren, da sie stark & eigensinnig war. Nur die Beziehungen zwischen den Charakteren fand ich nicht optimal. Vor allem die Schwesternliebe war etwas fragwürdig dargestellt. Trotzdem hat das Buch dank der vielen positiven Punkte gute 4 Sterne von mir bekommen.