Rezension

Magischer Coming-of-Age-Roman

BOY'S LIFE - Die Suche nach einem Mörder - Robert McCammon

BOY'S LIFE - Die Suche nach einem Mörder
von Robert McCammon

Bewertet mit 5 Sternen

1964 in der Kleinstadt-Idylle des amerikanischen Städtchens Zephyr: Es ist das Jahr, in dem Supermärkte öffnen, die Beach Boys aus dem Radio trällern, ein Auto von der Straße abkommt, und der zwölfjährige Cory Mackenson langsam erwachsen wird.

„Boy’s Life. Die Suche nach einem Mörder“ ist eines der besten und beeindruckendsten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Wer die Magie der 1960er-Jahre, einen kindlichen Blick auf diese Zeit und den Zauber eines unbeschreiblichen Sommers erleben will, hat damit garantiert das richtige Buch im Visier. Es ist ein facettenreiches, vielschichtiges und tiefgründiges Werk, dem keine Rezension gerecht wird. 

Die 1960er-Jahre sind eine Zeit der Veränderung. Die Grenzen zwischen schwarzen und weißen Menschen gehen ganz langsam auf, Supermärkte weisen den Weg zur Konsumgesellschaft, hart Arbeitende verlieren den Job, und kleine Jungs werden älter, während sie den Zauber der Kindheit auf ewig in ihr Herz schließen. 

Protagonist Cory Mackenson ist ein solcher Junge, der mit dem magischen Blick seines Alters die Ereignisse dieses Jahres bestaunt. Es beginnt recht brutal. Als ein Wagen von der Straße direkt in einen See rast und versinkt, ist der ganzen Stadt klar, dass es einen Mörder gibt. Cory und sein Vater sind die einzigen Zeugen und das Ereignis lässt sie von diesem Augenblick an nicht mehr los. 

Diese Mördersuche zieht sich durch den gesamten Roman, dennoch ist sie für die Handlung nicht zentral. Eigentlich geht es um’s Erwachsenwerden, um Abschiede, Enttäuschungen, Lebensfreude, Vergnügen, heiße Sommer, schnelle Fahrräder und beste Freunde. 

Cory nimmt den Leser an der Hand und zieht ihn in dieses ereignisreiche Jahr seiner Kindheit mit. Er zeigt, wie großartig Fliegen ist, wie wichtig Freunde und wie schmerzlich Verluste sind, und wie magisch die Welt ist, wenn man genau hinsieht.

Die Atmosphäre ist beeindruckend, und zog mich in Corys Leben rein. Wisst ihr noch, wie man sich über ein neues Fahrrad freut? Oder wie es war, wenn ein Elternteil nicht rund läuft? Habt ihr euer Haustier so geliebt, dass ihr es nicht gehen lassen könnt? Und erinnert ihr euch, wie es ist, wenn man zum ersten Mal das Böse in der Welt erkennt?

All diese Erfahrungen, Erlebnisse und Emotionen werden von Robert McCammon zu einem Sommerhit vollendet, der als gnadenloser Ohrwurm im Gedächtnis bleibt. Er verflechtet auffallend viele Themen, gibt ihnen Esprit, Spannung und Charme, erzählt dabei manchmal episodenhaft, und verliert dennoch nie das große Ganze aus den Augen. 

McCammons Erzählstil ist erschütternd, aufrichtig, magisch, und es gibt kaum ein Gefühl, das er nicht weckt. Er setzt den Leser in ein farbenfrohes Karussell, und dreht von Anfang an die höchste Stufe auf, während ein Song der Beach Boys im Radio läuft.

Ich finde kaum die richtigen Worte, um mein Leseerlebnis zu beschreiben, auf das Geschehen im Buch einzugehen oder gar den Inhalt einigermaßen vernünftig zu umreißen. Schlussendlich bleibt nur zu sagen, dass dieser Coming-of-Age-Roman mitten in der Seele trifft, und ein Meisterwerk von Robert McCammon ist.